Volocopter in der Insolvenz
Der Traum vom lautlosen Flug über urbane Landschaften schien greifbar – bis jetzt. Mit der Insolvenz des badischen Flugtaxi-Herstellers Volocopter steht eine der bekanntesten Marken der urbanen Luftmobilität vor einer ungewissen Zukunft.
Trotz technischer Fortschritte und internationalen Testflügen fehlt dem Unternehmen noch die entscheidende Musterzulassung, die es bräuchte, um Passagiere kommerziell zu befördern. Statt eines Triumphs meldet Volocopter kurz nach Weihnachten Insolvenz an.
Eine Branche am Scheideweg
Die Probleme bei Volocopter sind kein Einzelfall. Auch der bayerische Konkurrent Lilium durchlebt eine existenzbedrohende Krise. Dass Volocopter und Lilium trotz visionärer Konzepte scheitern, wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen der Flugtaxi-Branche.
Nach anfänglicher Euphorie hat die Realität des komplexen, kapitalintensiven Geschäftsmodells die Start-ups eingeholt.
„Volocopter benötigt jetzt eine Finanzierung, die es ermöglicht, die letzten Schritte zum Markteintritt zu gehen“, erklärte der Insolvenzverwalter Tobias Wahl.
Doch ob Investoren bereit sind, weiteres Kapital in das Unternehmen zu stecken, bleibt fraglich.
Fehlende Hilfe und politischer Rückhalt
Während Start-ups in anderen technologischen Bereichen von staatlichen Programmen profitieren, blieb die erhoffte Unterstützung für die Flugtaxi-Pioniere aus. Geplante Fördermittel von Bund und Ländern in Höhe von 50 Millionen Euro wurden nie realisiert.
Volocopter-CEO Dirk Hoke kritisierte mehrfach die Zurückhaltung der Politik: „Eine Branche wie unsere benötigt den Blick in Richtung des Staates.“
Doch während die öffentliche Hand auf Distanz blieb, wuchs der Druck der Kapitalmärkte. Im Dezember zog die BayWa-Aktie durch einen Sanierungsplan die Aufmerksamkeit auf sich. Die Frage bleibt: Warum finden Unternehmen mit ähnlich zukunftsweisenden Technologien keinen politischen Rückhalt?
Internationale Expansion statt Priorität für Deutschland
Während Volocopter Städte wie Paris, Osaka und Rom als zukünftige Einsatzorte fokussiert, scheint Deutschland auf der Prioritätenliste zurückzufallen. „In Deutschland sehen wir die Hauptanwendung im Rettungswesen“, ließ das Unternehmen verlautbaren.
Mit dem ADAC erprobt Volocopter den Einsatz als Rettungsmittel für entlegene Regionen. Doch reguläre Flugrouten für den urbanen Personenverkehr sind in deutschen Städten laut Volocopter keine unmittelbare Option – eine ernüchternde Bilanz für eine Innovation, die hierzulande entwickelt wurde.
Umwelt und Wirtschaftlichkeit: Versprechen unter Druck
Der Nachhaltigkeitsanspruch der Flugtaxis steht zunehmend in der Kritik. Eine Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) stellte fest, dass die CO₂-Bilanz von Flugtaxis schlechter ausfällt als die von E-Autos – bei gleichzeitig kaum messbaren Zeiteinsparungen.
„Urban Air Mobility kann in speziellen Anwendungsfällen sinnvoll sein, doch die breiten Vorteile bleiben begrenzt“, so die ZEW-Forscher. Für potenzielle Investoren ein weiterer Risikofaktor in einer ohnehin angespannten Branche.
Was bleibt von Volocopter?
Das Insolvenzverfahren eröffnet eine letzte Chance: Der neue Finanzchef Oliver Vogelgesang – zuvor bei Lilium tätig – sowie der Insolvenzverwalter Tobias Wahl haben bis Ende Februar Zeit, ein tragfähiges Sanierungskonzept vorzulegen. Eine Übernahme durch den chinesischen Mischkonzern Geely bleibt weiterhin eine Option.