In den Verhandlungen zwischen Volkswagen und der IG Metall steht die Geduld auf beiden Seiten auf dem Prüfstand. Auch eine schier endlose Marathonsitzung von 23 Stunden in der Nacht zum Mittwoch brachte kein Ergebnis. Die Verhandlungen wurden am selben Tag ohne greifbare Fortschritte fortgesetzt. Wie aus Teilnehmerkreisen zu hören ist, ziehen sich die Gespräche zäh dahin, und ein Abschluss ist momentan nicht absehbar. Auch nach über 48 Stunden trennen die Parteien noch erhebliche Differenzen, und ob überhaupt eine Einigung erzielt werden kann, ist unklar; das Scheitern der Gespräche ist eine reale Möglichkeit. Seit Montag befinden sich Vertreter von Volkswagen und der IG Metall in intensiven Gesprächen in Hannover, um einem Lösungsvorschlag in Bezug auf Lohnkürzungen, Werksschließungen und Entlassungen näherzukommen. Sowohl das Unternehmen als auch die Gewerkschaft hatten den Wunsch geäußert, vor Weihnachten einen Kompromiss zu finden. Für die mittlerweile fünfte Tarifrunde haben sich rund 70 Vertreter beider Seiten in einem Hotel in Hannover zusammengefunden, wobei entsprechend der Anforderungen mal in großer Runde, mal in kleineren Gruppen verhandelt wird. Bis zum Mittwochmorgen dauerten die Diskussionen an, um dann nach einer Vormittagspause am frühen Nachmittag fortgesetzt zu werden. Schon am Montagabend wurde bis nach Mitternacht verhandelt, was bei den Anwesenden inzwischen zu einer spürbaren Müdigkeit führt. Ein zentraler Konfliktpunkt sind die von VW thematisierten Werksschließungen und betriebsbedingten Kündigungen, die von der IG Metall als "rote Linien" erklärt wurden, die es nicht zu überschreiten gilt. Auch die von Volkswagen geforderte pauschale Lohnkürzung von zehn Prozent wird vehement abgelehnt. Die IG Metall zeigt sich unnachgiebig, was dauerhafte Einschnitte in das Monatsentgelt betrifft. Des Weiteren will VW die Zahl der übernommenen Auszubildenden reduzieren und die bisherige Zulage für Leiharbeiter kippen, um das Gehaltsniveau der Zeitarbeit anzugleichen. Die Forderungen des Konzerns werden mit hohen Kosten und einer geringen Werkauslastung begründet. Die IG Metall hingegen pocht auf den Erhalt aller zehn deutschen Standorte sowie eine Beschäftigungsgarantie für rund 130.000 Mitarbeiter in Niedersachsen, Hessen und Sachsen. Die vorherige Beschäftigungsgarantie hatte VW erst im September aufgekündigt. Bei der Entgeltfrage schlug die Gewerkschaft zuletzt vor, eventuelle Erhöhungen in einen Zukunftsfonds zu leiten, um flexible Arbeitszeitverkürzungen zu ermöglichen. Dieser Vorschlag wurde von VW jedoch als unzureichend abgelehnt. Sollte der Verhandlungsprozess erneut scheitern, droht die IG Metall schon jetzt mit einer Ausweitung der Warnstreiks. "Wenn das Unternehmen diesen Weg jetzt nicht mit uns gemeinsam einschlägt", so der IG-Metall-Verhandlungsführer Gröger, "dann steht die Eskalationsplanung der IG Metall". Im Jahr 2025 könnte es demnach zu erheblich intensiveren Warnstreiks kommen. Bereits im Dezember ließ die Gewerkschaft den Autokonzern mit flächendeckenden Warnstreiks konfrontiert, zuletzt zeitgleich mit der vierten Tarifrunde am 9. Dezember, an denen sich an neun Standorten etwa 100.000 Beschäftigte beteiligten.