Volkswagen steht derzeit nicht nur im Mittelpunkt deutscher Wirtschaftsentwicklungen, sondern auch als Exempel für Europas Ringen um industrielle Relevanz. Die Geschichte des Autogiganten liest sich wie ein Wirtschaftskrimi: Von seiner Gründung unter nationalsozialistischer Aufsicht über die Rückführung in deutschen Besitz durch die britische Armee bis hin zu diversen Reformversuchen seiner umfangreichen inländischen Fabriken.
Heute sieht sich Europas größter Autobauer mit aggressiven Wettbewerbern aus China und der kostspieligen Umstellung auf Elektromobilität konfrontiert. Erneut entbrennen heftige Diskussionen über die Unternehmensführung, deren Ausgang die deutsche Wirtschaft nachhaltig beeinflussen könnte. Daniela Cavallo, die Leiterin des mächtigen Betriebsrats von VW, betrachtet ihre Auseinandersetzung mit dem Management als existenzielle Bedrohung für die 296.000 deutschen Mitarbeiter und kündigt heftigen Widerstand gegen Werksschließungen an.
Die Reaktionen aus der Politik blieben nicht aus: Bundeskanzler Olaf Scholz betonte die Wichtigkeit, vergangene Managementfehler nicht auf dem Rücken der Belegschaft auszutragen. Diese Krise rüttelt an den Grundfesten des deutschen Wirtschaftswunders, gerade in einer Zeit, in der die Nation mit einer Rezession konfrontiert ist.
Die Transformation hin zu Elektrofahrzeugen und die zunehmende Abhängigkeit vom chinesischen Markt zwingen VW, alte Tabus zu überwinden und Kosten drastisch zu senken. Die jüngste Warnung kam von Ingo Speich von Deka Investment, der Parallelen zur Stahlindustrie zieht: "Die Automobilindustrie könnte das nächste Sorgenkind in Deutschland werden." Thomas Schäfer, CEO der Marke Volkswagen, sowie Finanzchef Arno Antlitz betonen die Notwendigkeit wettbewerbsfähiger Kosten.
Der Einfluss des Landes Niedersachsen, das mit 20 Prozent der Stimmrechte und zwei Plätzen im Aufsichtsrat die Belegschaft vertritt, verstärkt die Komplexität der Entscheidungsprozesse. Dennoch halten viele Beobachter daran fest, dass ein Umdenken und eine Anpassung an die neuen Marktbedingungen am dringendsten nötig sind, um eine dauerhafte Trendwende zu schaffen.