18. September, 2024

Politik

Volker Wissing mahnt zur Vorsicht bei Plattform-Sperrungen

Volker Wissing mahnt zur Vorsicht bei Plattform-Sperrungen

Die Sperrung einer Online-Plattform wie etwa die Blockade des Twitter-Nachfolgers X in Brasilien sollte laut Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) nur das letzte Mittel zur Durchsetzung geltender Gesetze im Internet sein. "Aus liberaler Perspektive darf eine Sperrung oder ein Verbot einer Plattform immer nur die 'ultima ratio' sein", betonte Wissing im Rahmen des G20-Treffens der Digitalminister in Brasilien in einem Interview mit der "Folha de Sao Paulo".

Wissing unterstrich, dass solche Maßnahmen nur dann gerechtfertigt seien, wenn die grundlegenden Sicherheitsinteressen des Staates bedroht, die Demokratie in Gefahr oder die Plattform bewusst und wiederholt gegen bestehende Gesetze verstoßen habe. "Es ist entscheidend, dass niemals der Eindruck entsteht, der Staat zensiere unliebsame Meinungen. Deutschland setzt sich deshalb weltweit für ein offenes, freies und sicheres Internet ein, das ohne staatlichen Einfluss auskommt und in dem jeder seine Meinung frei äußern kann", so der FDP-Politiker.

Zu der Entscheidung des brasilianischen Richters Alexandre de Moraes gegen die Plattform X wollte Wissing keine direkte Stellungnahme abgeben. "Da ich die Details des Verfahrens nicht ausreichend kenne, kann ich die Situation in Brasilien nicht bewerten", erklärte er. Moraes hatte am 30. August die Stilllegung von X in Brasilien angeordnet, weil der Dienst nicht ausreichend gegen die Verbreitung von Hassrede und Fake News vorgegangen sei. X-Eigentümer Elon Musk, der politische Positionen der Rechten vertritt, sieht sich als Verteidiger der freien Rede und warf Moraes vor, Zensur zu betreiben.

Moraes hatte von X die Sperrung von Konten rechtsgerichteter Aktivisten gefordert, die Verschwörungstheorien und Falschinformationen verbreiteten. Musk bezeichnete diese Forderungen als rechtswidrig, kam ihnen nicht nach und zahlte auch die verhängte Geldstrafe nicht. Zudem ließ der Milliardär eine Frist zur Benennung eines gesetzlichen X-Vertreters in Brasilien verstreichen.

Wissing betonte, dass man in Europa einen "differenzierten Ansatz" verfolge. Der Digital Services Act verpflichte Plattformen, Maßnahmen zur Minderung von Risiken durch Falschinformation, Hass und Hetze zu ergreifen. "Nutzer müssen die Möglichkeit haben, Inhalte zu melden, und illegale Inhalte müssen gelöscht werden. Wiederholten Verstößen folgen sehr hohe Geldstrafen von bis zu sechs Prozent des Jahresumsatzes." Wissing hob hervor, dass die EU-Kommission bei Verstößen formelle Verfahren einleite. Er verwies auf erste Wirkungen dieses Instruments in Fällen wie bei TikTok. "Es gibt immer wieder Politiker, die ein Verbot fordern. Mit solchen Forderungen muss man sehr vorsichtig sein", betonte er.

Wissing nimmt am Treffen der G20-Minister für Digitales in Maceio teil, der Hauptstadt des Bundesstaates Alagoas im Nordosten Brasiliens. Eines der zentralen Themen des Treffens sind Desinformationen in sozialen Netzwerken.