13. Februar, 2025

Unternehmen

Virtuelle Restaurants, reale Millionen: Die große Wette auf die Liefer-Gastronomie

Start-ups wie Lanch setzen auf ein disruptives Modell: Marken wie Loco Chicken oder Happy Slice gibt es erst virtuell, dann als Franchise. Risikokapital fließt, Investoren hoffen auf den großen Durchbruch. Doch kann das Modell langfristig bestehen?

Virtuelle Restaurants, reale Millionen: Die große Wette auf die Liefer-Gastronomie
Start-ups wie Lanch setzen auf Ghost Kitchens und Influencer-Marketing – doch ob das Modell ohne echte Filialen langfristig überlebt, bleibt fraglich.

Wenn Pizza und Hähnchen keine Küche mehr brauchen

Wer heute in Deutschland eine Pizza bestellt, bekommt sie oft nicht mehr aus einer traditionellen Pizzeria mit echtem Gastraum, sondern aus einer sogenannten „Ghost Kitchen“. Die Idee: Anonyme Restaurants, die rein auf die Lieferung setzen – oft ohne eigenen Laden, ohne Sitzplätze, ohne persönliche Bindung zum Wirt.

Das Modell ist nicht neu, doch jetzt gehen Start-ups wie Lanch einen Schritt weiter: Sie kombinieren das Prinzip mit einer aggressiven Markenstrategie und nutzen die Reichweite von Influencern, um ihre Produkte schnell bekannt zu machen.

Hinter Lanch stehen prominente Geldgeber, darunter der Investor HV Capital und das britische Risikokapitalhaus Felix Capital. Insgesamt haben sie dem Unternehmen 26 Millionen Euro zugesagt – eine Wette auf eine neue Art von Gastronomie.

Die Strategie: Marken wie Loco Chicken oder Happy Slice entstehen nicht als klassische Restaurantketten, sondern als digitale Marken. Gastronomen können sich als Partner einklinken, bekommen Zutaten und Verpackungen geliefert und bereiten die Gerichte neben ihrem normalen Geschäft zu. So kann Lanch binnen weniger Monate Hunderte „Standorte“ aufbauen – ohne eigene Filialen.

Schnelles Wachstum, aber mit Qualitätsproblemen? Loco Chicken und Happy Slice sind inzwischen an über 300 Standorten verfügbar, doch ihre durchschnittlichen Lieferando-Bewertungen liegen nur knapp über der Konkurrenz.

Schnelles Wachstum, aber reicht das?

Lanch existiert erst seit zwei Jahren und hat bereits über 300 Standorte – allerdings nicht als klassische Restaurants, sondern als Partner-Küchen. Das Wachstum ist beeindruckend, doch Experten stellen die Frage: Kann ein rein digitales Gastro-Modell langfristig funktionieren?

Michael Lidl, Branchenkenner von der Beratungsfirma Treugast, sieht Risiken:

„Das Konzept skaliert schnell, aber ohne physische Standorte fehlt die emotionale Bindung der Kunden. Wenn sich das Produkt nicht durch Qualität abhebt, bleibt es ein kurzlebiger Hype.“

Diese Skepsis teilt offenbar auch Lanch-Gründer Nono Konopka, der selbst keine klassische Gastro-Erfahrung mitbringt. Er will das Geschäftsmodell erweitern – mit echten Filialen. Zehn stationäre Loco-Chicken-Restaurants gibt es bereits, unter anderem in einem ehemaligen McDonald's in der Düsseldorfer Altstadt. 2025 sollen 20 weitere Standorte folgen.

Die Influencer-Strategie: Ein Boost mit Verfallsdatum?

Das Geschäftsmodell von Lanch ist eng mit bekannten Persönlichkeiten verknüpft. Rapper Luciano wirbt für Loco Chicken, während die Streamer Knossi und Trymacs die Pizza-Marke Happy Slice pushen.

Doch bleibt die Frage: Funktioniert das auch ohne Promi-Faktor? Konopka selbst relativiert die Rolle der Influencer inzwischen. Luciano sei „nur noch bei großen Events oder Neueröffnungen“ präsent, für das tägliche Marketing spiele er kaum eine Rolle.

Dafür spricht auch eine nüchterne Kennzahl: Die Bewertungen auf Lieferando sind solide, aber nicht herausragend. Happy Slice kommt im Durchschnitt auf 3,9 Sterne – das ist auf dem Niveau von Domino’s. Loco Chicken erreicht 3,8 Sterne, etwas besser als KFC mit 3,5 Sternen.

Treugast-Experte Lidl warnt: „Liefermarken brauchen exzellente Bewertungen, um langfristig zu überleben. Ohne echte Qualität werden sie schnell von der Konkurrenz überholt.“

Von Geisterküchen zu echten Restaurants – eine zwingende Entwicklung?

Dass Lanch nun stärker auf physische Filialen setzt, ist ein logischer Schritt. Der Vorstoß erinnert an ein US-Vorbild: Die amerikanische Kette Wingstop verfolgt ein ähnliches Modell und hat sich in den letzten Jahren zu einem Branchen-Star entwickelt.

Doch reicht das für den Erfolg in Deutschland?

Die Gastronomie ist ein schwieriges Geschäft, wie Vapiano bewiesen hat. Die einst hochgelobte Pasta-Kette mit Investorenunterstützung expandierte zu schnell – und scheiterte.

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