22. Dezember, 2024

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Vier-Tage-Woche: Erfolgsmodell oder Augenwischerei?

Eine neue deutsche Studie zeigt vermeintliche Vorteile der Vier-Tage-Woche, doch bei genauerem Hinsehen werden erhebliche Schwächen deutlich. Politische Forderungen nehmen zu – aber ist die Studie wirklich belastbar?

Vier-Tage-Woche: Erfolgsmodell oder Augenwischerei?
Von den 41 teilnehmenden Unternehmen stammen die meisten aus dem Beratungs- und Dienstleistungssektor. Große Industrieunternehmen, die für repräsentative Ergebnisse wichtig wären, fehlen völlig.

Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche kocht hoch: Weniger arbeiten, gleicher Lohn und trotzdem mehr Produktivität und Zufriedenheit. Das klingt zu schön, um wahr zu sein.

Eine aktuelle Studie zur Vier-Tage-Woche in Deutschland scheint genau das zu bestätigen. Angeblich profitieren Unternehmen und Mitarbeitende gleichermaßen. Doch ein genauer Blick auf die Details wirft erhebliche Zweifel auf. Finanzierung, Methodik und die Auswahl der Unternehmen stehen im Zentrum der Kritik.

Teure Teilnahme und unklare Methodik

Die Studie, die von der Unternehmensberatung Intraprenör und der Organisation 4 Day Week Global begleitet wurde, lockt mit beeindruckenden Ergebnissen. Doch viele Unternehmen mussten eine Teilnahmegebühr zahlen, um mitzumachen – bei größeren Betrieben bis zu 7.600 Euro. Wie unabhängig sind die Ergebnisse also, wenn Teilnehmer sich für die Teilnahme bezahlen lassen?

Kritiker stellen zudem infrage, warum keine Kontrollgruppe einbezogen wurde, die der Vier-Tage-Woche skeptisch gegenübersteht. Die Organisatoren entgegnen, dass ihre Forschungsfrage darauf abzielte, was passiert, wenn Unternehmen die Vier-Tage-Woche als strategische Entscheidung umsetzen.

Die erste große deutsche Studie zur Vier-Tage-Woche verspricht mehr Produktivität und bessere Gesundheit – doch die Finanzierung der Teilnahmegebühren und die fehlende Kontrollgruppe werfen Zweifel auf.

Unternehmensauswahl wirft Fragen auf

Die Mehrzahl der teilnehmenden Firmen sind Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen, Großbetriebe fehlen völlig. Von den 41 Organisationen, die mitgemacht haben, sind sechs nicht gewinnorientiert, darunter Kitas und Bildungseinrichtungen.

Gerade in der Industrie, einem Sektor mit hoher Arbeitsbelastung, wäre die Aussagekraft der Studie besonders relevant – doch diese Perspektive bleibt unberücksichtigt.

Viele Unternehmen, die international agieren, haben bewusst auf eine Teilnahme verzichtet, da sie die behaupteten Produktivitätsreserven für unrealistisch halten.

Produktivitätszuwächse in der Kritik

Eines der größten Verkaufsargumente für die Vier-Tage-Woche ist die Behauptung, dass die Produktivität bei reduzierter Arbeitszeit gleich bleibt oder sogar steigt. Die Studie legt nahe, dass bei einigen Unternehmen die Produktivität leicht zugenommen habe.

Doch Experten wie Holger Schäfer vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) bleiben skeptisch. Ohne eine klare Vergleichsgruppe und bei der geringen Zahl an teilnehmenden Unternehmen seien die Produktivitätszuwächse nicht ausreichend belegt.

„Es ist fraglich, ob diese Zahlen tatsächlich auf das Modell der Vier-Tage-Woche übertragen werden können“, so Schäfer.

Wohlfühleffekte bei Mitarbeitenden, aber mit Einschränkungen

Ein weiterer Erfolgspunkt der Studie ist die verbesserte Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Weniger Stress, besserer Schlaf, mehr Bewegung – das klingt nach einem Erfolgsmodell. Doch auch hier gibt es Einschränkungen.


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Die meisten Firmen reduzierten die Arbeitszeit nicht um 20 %, wie im klassischen Modell der Vier-Tage-Woche, sondern nur um 10 %. Zudem bleibt unklar, wie nachhaltig diese Effekte sind. Eine kurze Pilotphase reicht kaum aus, um langfristige Rückschlüsse zu ziehen.

Politische Forderungen und wirtschaftliche Realitäten

Trotz der methodischen Schwächen der Studie finden die Ergebnisse schnell politische Anhänger. Die Linkspartei fordert bereits eine flächendeckende Einführung der Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Doch diese Forderungen stoßen auf Widerstand, besonders bei Arbeitgeberverbänden.

Steffen Kampeter vom BDA hält die Ergebnisse für nicht repräsentativ: „Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, wissen, dass sich solche Lohnsteigerungen nicht umsetzen lassen.“ Auch Forscherin Julia Backmann, die die Studie wissenschaftlich begleitete, warnt davor, die Ergebnisse zu überbewerten. „Es ist schwierig, Rückschlüsse auf die gesamte Wirtschaft zu ziehen.“

Erfolgsmodell oder riskantes Experiment?

Die Vier-Tage-Woche bleibt ein heiß diskutiertes Thema. Die vorliegende Studie bietet interessante Einblicke, doch ihre Aussagekraft ist begrenzt. Ohne eine solide Kontrollgruppe und mit einer stark verzerrten Unternehmensauswahl sind die Ergebnisse nur bedingt übertragbar.

Was sich in einer Kita oder Beratungsfirma als positiv darstellt, könnte in der Industrie oder bei großen Unternehmen mit internationalem Wettbewerb scheitern. Die Forderung nach einer flächendeckenden Einführung scheint also verfrüht. Die Diskussion über die Zukunft der Arbeit geht weiter – doch die Lösung liegt wohl nicht allein in einer kürzeren Arbeitswoche.