In einem politisch aufgeladenen Moment hat Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol das von ihm überraschend verhängte Kriegsrecht nach wenigen Stunden wieder aufgehoben. In der Nationalversammlung hatten sämtliche 190 anwesenden Abgeordneten den Präsidenten eindringlich dazu aufgefordert, diese drastische Maßnahme zurückzunehmen. Die größte Oppositionspartei beschuldigte ihn des Verfassungsbruchs und drohte ihm mit einem Amtsenthebungsverfahren, sollte er nicht umgehend zurücktreten. Während die internationale Gemeinschaft, einschließlich der Vereinigten Staaten und Deutschlands, ihre Besorgnis über die kurzzeitige Einführung des Kriegsrechts zum Ausdruck brachte, fand das plötzliche Einlenken Yoons bei US-Außenminister Antony Blinken Anklang. Blinken erinnerte daran, dass politische Differenzen im Einklang mit den Prinzipien des Rechtsstaats zu klären seien. Auch Japan reagierte erstaunt auf die unerwartete Entwicklung. Innerhalb der Regierung selbst regte sich Widerstand: Der Chef der Regierungspartei, Han Dong Hoon, setzte sich ausdrücklich gegen die Verhängung des Kriegsrechts ein und betonte die Bedeutung der liberalen Demokratie in seinem Land. Die Ankündigung des Kriegszustands brachte tausende Demonstranten vor das abgesperrte Parlamentsgebäude und löste landesweit Empörung aus. In einer Fernsehansprache versuchte Yoon, seinen Schritt als Schutzmaßnahme für die verfassungsmäßige Ordnung zu rechtfertigen. Er warf der Opposition vor, mit Nordkorea zu sympathisieren, und erklärte, dass er die Nation vor staatsfeindlichen Kräften schützen wolle. Seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 befindet sich Südkorea formell weiterhin im Kriegszustand mit Nordkorea, was die politische Rhetorik im Land prägt. Experten vermuten, dass Yoons Schritt auch innenpolitisch motiviert sein könnte, da der Präsident mit schlechten Umfragewerten und anhaltenden Korruptionsvorwürfen gegen seine Ehefrau zu kämpfen hat. Regierung und Opposition streiten zudem über den kommenden Staatshaushalt, während das Parlament, dominiert von der Opposition, immer wieder Amtsenthebungsanträge gegen Minister stellt. Das politische System Südkoreas räumt dem Präsidenten eine starke Rolle ein, wenngleich die einmalige fünfjährige Amtszeit nicht verlängert werden kann. Angesichts des zunehmenden Drucks von der Straße halten Beobachter einen vorzeitigen Rücktritt Yoons für möglich, auch wenn die Demonstrationen bisher friedlich verliefen. Die deutsche Botschaft in Seoul sieht aktuell keine unmittelbare Gefahr für ausländische Staatsangehörige.