Die Forschungslandschaft im Bereich der menschlichen Immundefizienz-Viren (HIV) erlebt derzeit eine bemerkenswerte Verschiebung. Während jahrzehntelange Bemühungen um die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs gegen das erworbene Immundefizienzsyndrom (AIDS) bisher erfolglos blieben, richten sich nun die Investitionen verstärkt auf präventive Behandlungen, insbesondere Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP).
Bereits vor fast 30 Jahren forderte der ehemalige US-Präsident Bill Clinton die Pharmaindustrie dazu auf, einen AIDS-Impfstoff zu entwickeln. Trotz zahlreicher Anläufe ist es bisher keinem Unternehmen gelungen, einen erfolgreichen Kandidaten auf den Markt zu bringen. Branchenriesen wie Merck und Johnson & Johnson haben in der Vergangenheit ihre HIV-Impfstoffprogramme nach wiederholten Misserfolgen in klinischen Studien eingestellt.
Vor dem Hintergrund dieser Rückschläge ist auch das Interesse an der Impfstoffforschung abgeflaut, wie Dr. Jonathan Weber, Co-Direktor des Forschungszentrums an der Pears Cumbria School of Medicine, betont. Dennoch zeigt der Bereich der PrEP-Therapien Erfolge, vor allem mit der Zulassung von Gilead Sciences' Sunlenca (Lenocapavir), einer langwirksamen PrEP-Behandlung. Diese Entwicklung signalisiert einen wahrscheinlichen Verbleib von Investitionen im PrEP-Sektor. Insbesondere bei Hochrisikogruppen haben PrEP-Präparate entscheidend zur Reduzierung der Infektionsübertragung beigetragen und könnten dank neuer injizierbarer Varianten sogar einen impfstoffähnlichen Effekt erzielen.
In einem exklusiven Interview beleuchtet Dr. Weber die grundlegenden Hürden bei der HIV-Impfstoffentwicklung. Die Abwesenheit geeigneter Tiermodelle und natürlicher Immunität gegen HIV erschweren die Forschung erheblich. Doch die aufstrebenden PrEP-Therapien bieten Anlass zur Hoffnung in einem weiterhin herausfordernden Feld.