Deutschlands Vermögen wächst seit Jahren, aber die Lust, es zu vererben, scheint zu schwinden. Eine Umfrage der Quirin Privatbank zeigt: Nur noch 35 Prozent der Befragten planen, ihren Nachkommen etwas zu hinterlassen. 2017 waren es noch 49 Prozent.
Stattdessen gibt eine wachsende Zahl an, das Leben lieber im Hier und Jetzt zu genießen, auch wenn das bedeutet, weniger zu vererben. Dieser Trend wirft Fragen auf: über die Einstellung der Deutschen zu Geld, über die Erbschaftssteuer und über die Gerechtigkeit der Freibeträge.
Genießen statt Vererben
Die Umfrage bringt ein klares Ergebnis: 28 Prozent der Deutschen wollen lieber ihr Vermögen ausgeben, als es zu vererben. Sie genießen das Leben, ohne Rücksicht auf spätere Generationen.
Nur sieben Prozent sagen, dass sie sich einschränken, um möglichst viel weiterzugeben. Der Gedanke, dass Erben ein fester Bestandteil der deutschen Vermögenskultur sei, gerät ins Wanken.
Interessant dabei: Geld steht nach wie vor an erster Stelle, wenn es ums Vererben geht. 75 Prozent der Befragten planen, Geld zu hinterlassen, gefolgt von Immobilien (65 Prozent) und Wertpapieren (37 Prozent).
Doch die Summe, die viele weitergeben wollen, ist gestiegen: Fast die Hälfte rechnet mit einem Erbe von über 100.000 Euro – 2017 lag dieser Anteil noch deutlich niedriger.
Erbschaftssteuer – gerecht oder ungerecht?
Kaum ein Thema wird in Deutschland emotionaler diskutiert als die Erbschaftssteuer. Zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) halten sie für ungerecht. Interessanterweise sehen vor allem Gutverdiener und ältere Menschen die Steuer als gerecht an.
Die Gründe für diese Meinungsunterschiede bleiben vage – doch klar ist: Viele Deutsche haben eine starke Abneigung gegenüber staatlichen Eingriffen in Familienvermögen.
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Dabei gibt es offenbar noch immer Unklarheiten darüber, wer überhaupt Erbschaftssteuer zahlen muss. Nur 52 Prozent der Befragten wissen, dass es unterschiedliche Freibeträge gibt, abhängig vom Familienstand des Erben. Dies zeigt, dass es in der öffentlichen Diskussion immer noch große Wissenslücken gibt.
Die Frage nach den Freibeträgen
Aktuell können Ehepartner bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben, Kinder 400.000 Euro. Doch sind diese Freibeträge angesichts der stark gestiegenen Immobilienpreise noch zeitgemäß?
Bayern will sie anpassen, während das rot-rot-grün regierte Bremen den gegenteiligen Weg einschlagen möchte: Große Erbschaften sollen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden.
Eine der umstrittensten Regelungen betrifft Immobilien: Bislang bleibt eine Immobilie steuerfrei, wenn Partner oder Kinder mindestens zehn Jahre darin wohnen bleiben. Bayern fordert, dass auch vermietete Immobilien von der Erbschaftssteuer befreit werden, solange sie im Familienbesitz bleiben.
Wie steht es um die Erbschaftssteuer?
Ob die Freibeträge ausreichend sind, ist auch eine Frage der Perspektive. Während 57 Prozent der Befragten den Freibetrag von 20.000 Euro für unverheiratete Lebenspartner für zu niedrig halten, finden etwa die Hälfte die Freibeträge für Ehepartner und Kinder angemessen.
Die Meinungen zur Gerechtigkeit der Erbschaftssteuer gehen weit auseinander, doch eins ist klar: Sie bleibt ein politischer Zankapfel.
Laut Statistischem Bundesamt wurden 2023 Erbschaften im Wert von 121,5 Milliarden Euro veranlagt, woraus 11,8 Milliarden Euro an Erbschaftssteuer resultierten. Das klingt nach viel Geld, doch die meisten Erben zahlen keine Steuern. 75 Prozent der Befragten gaben an, dass sie um die Erbschaftssteuer herumkamen – ein Zeichen dafür, dass die Freibeträge doch Wirkung zeigen.
Ein Wandel in Sicht
Die neue Umfrage zeigt einen klaren Trend: Immer mehr Deutsche konzentrieren sich auf den eigenen Lebensgenuss und legen weniger Wert auf das Vererben. Gleichzeitig sorgt die Erbschaftssteuer weiterhin für Kontroversen.
Zwischen steigenden Immobilienwerten, politisch umstrittenen Freibeträgen und dem neuen „Egoismus“ der Deutschen wird die Diskussion über das Vererben wohl noch lange nicht enden.