Während die US-Wirtschaft insgesamt als stabil gilt, müssen Banken immer mehr Rücklagen bilden, um sich vor wachsenden Kreditausfällen zu schützen. Daten der Federal Reserve zeigen, dass die Zahl der überfälligen Schulden für Kreditkarten, Autokredite und Gewerbeimmobilien über das Niveau vor der Pandemie hinaus gestiegen ist. Besonders die Ausfälle bei Kreditkarten- und Autokrediten haben die höchsten Werte seit mehr als einem Jahrzehnt erreicht.
Die großen Banken, darunter Wells Fargo, Bank of America, JPMorgan und Citigroup, haben in den letzten Jahren ihre Reserven erhöht, um sich auf weitere Kreditausfälle vorzubereiten.
Allein Wells Fargo und Bank of America haben ihre Rücklagen um 1,8 bzw. 2,4 Milliarden Dollar aufgestockt. Obwohl diese Summen deutlich niedriger sind als während der Finanzkrise 2008, zeigen sie doch, dass die Banken sich auf unsichere Zeiten einstellen.
Die drei kritischen Schuldenkategorien
Es sind vor allem drei Kategorien von Schulden, die den Banken derzeit Kopfzerbrechen bereiten: Kreditkarten, Autokredite und Gewerbeimmobilien. Jeder dieser Bereiche zeigt, dass die Verbraucher und Unternehmen mit der Rückzahlung ihrer Schulden kämpfen.
Kreditkartenschulden:
Laut der Federal Reserve waren im zweiten Quartal dieses Jahres mehr als 3 % aller Kreditkartenkonten in den USA überfällig, ein Anstieg gegenüber weniger als 2 % im Jahr 2021. Diese rapide Zunahme innerhalb kurzer Zeit sei besorgniserregend, erklärt Bruce McClary von der National Foundation for Credit Counseling. „Viele Menschen schöpfen ihre Kreditlinien aus und geraten dadurch in Rückstand, was die Gefahr birgt, in die Schuldenfalle zu geraten“, erklärt er.
Autokredite:
Auch bei Autokrediten steigt die Zahl der Zahlungsausfälle. Ein Bericht von Edmunds zeigt, dass immer mehr Amerikaner mehr für ihr Auto schulden, als es tatsächlich wert ist. Wenn Banken gezwungen sind, solche Fahrzeuge zu beschlagnahmen, deckt der Restwert oft nicht einmal die Schulden ab.
Diese Situation stellt für Banken ein ernstes Risiko dar, vor allem in Kombination mit hohen Zinsen und steigenden Monatsraten. „Die Lage ist noch nicht kritisch, aber der Trend ist besorgniserregend“, erklärt Stephen Biggar, Direktor für Finanzdienstleistungsforschung bei Argus Research.
Gewerbeimmobilien:
Eine weitere Sorge bereitet der Bankensektor bei Gewerbeimmobilien. Insbesondere Unternehmen mit Krediten für Büroflächen kämpfen mit der Rückzahlung. Die Pandemie und der Anstieg der Homeoffice-Arbeit haben zu Rekord-Leerstandsquoten geführt.
Trotz der Rückkehr vieler Unternehmen ins Büro bleibt die Nachfrage nach Gewerbeflächen auf einem historisch niedrigen Niveau. „Die Kombination aus hohen Zinsen und leerstehenden Flächen stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen, wenn sie ihre Kredite refinanzieren müssen“, so Biggar weiter.
Zukunftsprognose: Weitere Rücklagenbildung?
Trotz dieser Probleme betonen viele Banken, dass die Lage noch nicht dramatisch sei. Die aktuelle Höhe der säumigen Schulden bewegt sich weiterhin im Rahmen historischer Werte und ist nur geringfügig höher als vor der Pandemie. Einige Banken bauen ihre Reserven lediglich auf das Niveau vor der Pandemie zurück, nachdem sie während der Krise stark reduziert worden waren.
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Dennoch könnten Banken gezwungen sein, ihre Rücklagen weiter zu erhöhen, wenn die Wirtschaft sich verlangsamt und die Arbeitslosenquote steigt. Charles Scharf, CEO von Wells Fargo, gab zu, dass die Bank bereits finanzielle Belastungen bei einigen Kundensegmenten feststelle, insbesondere bei solchen mit niedrigen Ersparnissen und Vermögenswerten. Diese Kunden seien besonders anfällig für die Auswirkungen von Inflation und hohen Zinsen.
„Wir erwarten keinen sprunghaften Anstieg der Kreditausfälle, es sei denn, die Arbeitslosigkeit nimmt deutlich zu“, sagte Jeremy Barnum, CFO von JPMorgan.
Derzeit bleibt die Arbeitslosenquote stabil, aber Banken wie Wells Fargo und Citigroup beobachten die Entwicklung genau.
Das große Bild: Die Verbraucher unter Druck
Die anhaltend hohen Lebenshaltungskosten und steigenden Zinsen setzen vor allem einkommensschwache Haushalte zunehmend unter Druck. Laut Stephen Biggar kämpfen viele Menschen, insbesondere in unteren Einkommensklassen, um ihre monatlichen Ausgaben zu decken. „Es gibt große Bedenken, dass viele Menschen es nicht schaffen, über die Runden zu kommen“, sagte Biggar.