Die verheerenden Überschwemmungen in Spanien, die über 220 Menschenleben forderten, werfen ein ernüchterndes Licht auf die Schwächen im Katastrophenschutz und die Tücken bei der rechtzeitigen Alarmierung in unberechenbaren Extremsituationen. Besonders die Regionalregierung Valencias gerät ins Kreuzfeuer der Kritik, da sie es versäumte, rechtzeitig Mobilfunkwarnungen zu versenden. Erst um 20 Uhr des ersten Fluttages – 13 Stunden nach einer Warnung des Wetteramts Aemet über "sehr intensiven" Regen – wurden Alarme verschickt.
Der Konservative Carlos Mazón, Leiter der Regionalregierung, sieht sich großem Unmut der Überlebenden gegenüber. Statt sich der drohenden Krise zu widmen, verbrachte er den Fluttag teilweise bei einem dreistündigen Mittagessen mit einer Journalistin. Dies geschah zu einer Zeit, als bereits erste Berichte über Vermisste und Überflutungen in Gemeinden eingingen.
Am Wochenende forderten 130.000 Demonstranten den Rücktritt von Mazón. Plakate mit der Aufschrift "Unsere Hände sind mit Schlamm befleckt, ihre mit Blut" verdeutlichten die Wut der Bevölkerung. Über individuelle Fehler hinaus warnen Experten jedoch, dass Spaniens Erfahrungen als Lehre für Länder im Mittelmeerraum dienen sollten, wo der Klimawandel neue, schwer vorhersehbare Bedrohungen schafft.
Spaniens Premierminister Pedro Sánchez erklärte auf der COP29 in Baku eindringlich, dass der Klimawandel Leben kostet. Jesús Lluch Ferrer, Direktor der Feuerwehr-NGO BUSF, betonte, dass technische Wetterwarnungen ihre Wirkung erst dann entfalten, wenn sie in behördliches Handeln und deutliche Kommunikation an die Bevölkerung münden.
Das Problem der unzureichenden Warnsysteme ist nicht neu. Nach den Überschwemmungen in Deutschland, Belgien und den Niederlanden 2021 und den Waldbränden in Hawaii 2023 wurde immer wieder auf die Notwendigkeit besserer Frühwarnmechanismen hingewiesen. Die UN strebt an, weltweit bis 2027 nationale Frühwarnsysteme flächendeckend zu implementieren.
In Spanien kompliziert die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Institutionen die Koordination. Während sich Regionen wie Valencia mit der Krise auseinandersetzen, schiebt die von Sozialisten geführte Zentralregierung die Verantwortung auf Mazóns Administration. Differenzen zwischen politischen Parteien erschweren die Zusammenarbeit zusätzlich.
Salomé Pradas, Leiterin der Notfallabteilung Valencias, gestand ein, dass ihr das Potenzial von Mobilfunkwarnungen zum Zeitpunkt der Katastrophe nicht bewusst war. Trotz der Versäumnisse strebt Mazón zwar eine Aufarbeitung der Ereignisse an, relativiert jedoch die Bedeutung seines Mittagessens.
Derweil betonen Experten die Notwendigkeit von Aus- und Weiterbildung, damit Entscheidungsträger Wetterereignisse angemessen bewerten können. Erfahrungen aus Valencia zeigen, dass mangelnde Information zu verhängnisvollen Entscheidungen führt – Menschen, die ihre Autos aus Parkhäusern retten wollten, ertranken in der aufsteigenden Flut.
Ein starker Appell zur Vorbeugung, denn die nächste Katastrophe könnte nicht lange auf sich warten lassen.