17. September, 2024

Wirtschaft

Unklare Zukunft: Commerzbank prüft Strategien nach UniCredit-Einstieg

Unklare Zukunft: Commerzbank prüft Strategien nach UniCredit-Einstieg

Die Commerzbank steht vor einer wegweisenden Entscheidung nach Bekanntwerden einer signifikanten Beteiligung der italienischen UniCredit. UniCredit sicherte sich einen 9-prozentigen Anteil an der Commerzbank, was Beobachter als möglichen ersten Schritt zu einer vollständigen Übernahme deuten.

Der Vorstand der zweitgrößten börsennotierten Bank Deutschlands traf sich am Mittwochabend, um die neue Situation zu bewerten und mögliche Maßnahmen zu besprechen. Insbesondere steht das bestehende Aktienrückkaufprogramm unter Prüfung. Die Bedenken drehen sich darum, dass UniCredits Anteil automatisch steigen könnte, wenn die Commerzbank weitere Aktien zurückkauft und die italienische Großbank ihre Anteile nicht reduziert.

Die Commerzbank hatte im vergangenen Monat angekündigt, eine Genehmigung für den Rückkauf weiterer Aktien im Wert von 600 Millionen Euro zu suchen, was etwa 3,5 Prozent ihrer aktuellen Marktkapitalisierung entspricht. Berechnungen der Financial Times zufolge würde UniCredits Anteil dadurch auf 9,33 Prozent anwachsen, selbst ohne zusätzliche Aktienkäufe.

In einer Stellungnahme gegenüber der Financial Times betonte die Commerzbank: „Während in einer solchen Situation viele Dinge überprüft werden, gibt es keine Überlegungen, das Aktienrückkaufprogramm auszusetzen. Unsere Pläne bleiben unverändert. Wir warten auf die Genehmigung [von den Aufsichtsbehörden] und werden dann beginnen.“

In den vergangenen zwei Jahren hat die Commerzbank ihre Aktionärsrenditen gesteigert, unterstützt durch ein erfolgreiches Turnaround-Programm unter dem scheidenden CEO Manfred Knof. Im letzten Jahr startete die Bank ihren ersten Aktienrückkauf in ihrer 154-jährigen Geschichte und erwarb seitdem Aktien im Wert von 720 Millionen Euro. 2022 nahm die Bank auch die Dividendenausschüttungen wieder auf, die seit 2018 pausiert waren, und erhöhte die Auszahlungen im Vorjahr um 75 Prozent auf 0,35 Euro je Aktie. Für 2024 erwarten Analysten eine weitere Steigerung der Dividende um 46 Prozent auf 0,51 Euro je Aktie.

Das Management der Commerzbank wurde von UniCredits Schritt überrascht und führte erste Gespräche mit UniCredit-Chef Andrea Orcel vor den Notvorstandssitzungen. Diese ersten Gespräche wurden als Höflichkeitsbesuch ohne detaillierte Diskussionen über Orcels zukünftige Pläne beschrieben.

Entscheider bei der Commerzbank betonen die Notwendigkeit, die Absichten von UniCredit genau zu verstehen, bevor über mögliche Fusionen oder Alternativen entschieden werden kann. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat haben bereits angekündigt, jede Vereinbarung torpedieren zu wollen und drängen das Management, die Unabhängigkeit der Bank zu bewahren. Auf der anderen Seite betonen Führungskräfte, dass sie gesetzlich verpflichtet sind, alle Optionen zu prüfen und im besten Interesse aller Stakeholder zu entscheiden.

Oppositionelle Politiker kritisieren derweil das Vorgehen der Bundesregierung. Sie werfen ihr vor, den Verkauf eines 4,5-prozentigen Anteils der Commerzbank nicht ausreichend überwacht zu haben, was UniCredit ermöglichte, eine Gesamtbeteiligung von 9 Prozent diskret aufzubauen. Die Regierung plant, ihren Anteil von derzeit 16,5 Prozent schrittweise zu reduzieren.

Matthias Hauer, Leiter der Gruppe der konservativen CDU im Finanzausschuss des Bundestages, betonte: „Neben fiskalischen Aspekten sollten auch strategische Überlegungen berücksichtigt werden.“ Fabio De Masi, Europaabgeordneter der neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht-Partei, warnte vor einer hohen Marktkonzentration und Risiken für die finanzielle Stabilität.