Ein Fehler mit teuren Folgen
Ein einziger Systemausfall kann Milliarden kosten. Das musste 1&1 im vergangenen Jahr schmerzlich erfahren. Ein fehlerhaftes Software-Update im Mai 2024 legte das Mobilfunknetz des Anbieters für mehrere Tage lahm – und sorgte für Chaos bei Kunden und Unternehmen.
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Die Folge: 50.000 Sonderkündigungen, ein massiver Imageverlust und ein harter finanzieller Schlag für den Mutterkonzern United Internet.
Der aktuelle Quartalsbericht zeigt das ganze Ausmaß: Einbrüche beim operativen Ergebnis, enttäuschte Anleger und ein Kursrutsch von über 10 Prozent auf 14,92 Euro – das tiefste Niveau seit Mitte Januar. Der Versuch, sich mit einem eigenen Mobilfunknetz unabhängig von Telefónica Deutschland (O2) zu machen, entwickelt sich immer mehr zum Milliardengrab.
Netzaufbau im Schneckentempo – und ein teurer Partner
Ein zentraler Faktor für das schlechte Ergebnis: Die verzögerte Migration der Bestandskunden auf das neue 1&1-Netz. Laut Konzernchef Ralph Dommermuth fehlten Komponenten eines Ausbaupartners – Brancheninsidern zufolge der japanische Rakuten-Konzern. Die Folge: Kosteneinsparungen durch den Netzwechsel blieben aus, während der teure Netzausbau weiterlief.
1&1 fordert nun eine hohe zweistellige Millionensumme als Entschädigung – doch die Verhandlungen ziehen sich. Bis zur Bilanzvorlage Ende März rechnet niemand mit einer Einigung. Analysten warnen: Ohne schnelle Lösung drohen weitere finanzielle Belastungen.
Harter Wettbewerb und aggressive Preise
Als wäre der Netzaufbau nicht genug, verschärft sich der Preiskampf im Mobilfunkmarkt. Während O2 mit günstigen Tarifen 200.000 neue Kunden gewinnen konnte, musste 1&1 seine Wachstumsziele im Herbst senken.
Statt der ursprünglich geplanten 200.000 bis 300.000 Neukunden reichte es 2024 nur für 130.000 – ein deutlicher Rückschlag.
Vodafone, selbst unter Druck, nutzt die Schwäche der Konkurrenz und wirbt aggressiv um Marktanteile. Für 1&1 bleibt wenig Spielraum: Höhere Investitionskosten, ein hart umkämpfter Markt und ein schwacher Kundenstamm lassen wenig Hoffnung auf schnelle Besserung.
Analysten fordern radikales Umdenken
Der Druck auf 1&1 wächst. Deutsche-Bank-Analyst Keval Khiroya stellt offen die Frage, ob der Netzaufbau noch sinnvoll ist. Ein Rückzug – etwa durch eine Fusion, ein Gemeinschaftsunternehmen oder ein Großhandelsmodell – könnte laut Experten den Aktienkurs und die Rendite deutlich verbessern.
Goldman-Sachs-Analyst Andrew Lee warnt: Die aktuellen Probleme werfen Zweifel auf, ob die hohen Ausbaukosten jemals durch zukünftige Gewinne gedeckt werden. Noch deutlicher wird UBS-Experte Polo Tang: Für ihn ist der Netzaufbau schlicht „unnötig“.