28. September, 2024

Wirtschaft

UniCredit und Commerzbank: Ein dramatischer Bankenpoker mitten in Europa

UniCredit und Commerzbank: Ein dramatischer Bankenpoker mitten in Europa

Andrea Orcel, der ehrgeizige CEO von UniCredit, befindet sich inmitten eines der bedeutendsten Bankendramen Europas der letzten Jahre. Seine jüngste Taktik: die Beteiligung an der deutschen Commerzbank auf 21 Prozent zu erhöhen, was von der Europäischen Zentralbank noch genehmigt werden muss. Diese Bewegung würde UniCredit zum größten Anteilseigner machen und die Position der deutschen Regierung übertreffen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat diesen Schachzug als "unfreundlich" und "feindselig" bezeichnet. Orcel, jedoch, scheint bereit für die Herausforderung und ist entschlossen, sich nicht auf einen offenen Konflikt mit Berlin einzulassen. "Andrea ist kein Naivling, er ist ein Taktiker und weiß genau, was er tut", sagt Alessandro Profumo, der ehemalige CEO von UniCredit.

Orcel, der für seine verbreitete Arbeitsmoral und seine Fähigkeit bekannt ist, CEOs bei nahezu unmöglichen Deals zu beraten, zeigt sich hier einmal mehr als berechnender und pragmatischer Akteur. In enger Zusammenarbeit mit Barclays und Bank of America sucht er unermüdlich nach Wegen, das Vorhaben erfolgreich umzusetzen.

Seine Karriere ist von Erfolgen bei Goldman Sachs, Boston Consulting Group und insbesondere Merrill Lynch geprägt, wo er den Übernahmen und Fusionen seinen Stempel aufdrückte. Dabei erarbeitete er sich den Spitznamen "Cristiano Ronaldo der Banker". Persönliche Beziehungen und sein unermüdlicher Einsatz verschafften ihm Zugang zu den Entscheidungsträgern des globalen Bankwesens.

Doch Orcel hat auch seinen Anteil an Rückschlägen erlebt. So rief die gescheiterte Übernahme von ABN Amro durch RBS 2007 bei ihm persönliche Reue hervor. Aber seine transformationsfähigen Maßnahmen bei UniCredit, verbunden mit einem Aktienkursanstieg von fast 400 Prozent seit 2021, zeugen von seinen außergewöhnlichen Managementfähigkeiten.

Finanzminister Christian Lindner äußerte sich kürzlich kritisch gegenüber UniCredits Vorgehen in Bezug auf die Kommunikation und Stil, was laut Lindner das Vertrauen der Regierung nicht gestärkt habe. Trotz dieser Hindernisse zeigt sich Orcel unbeeindruckt. Seine vergangene Erfahrung mit der gescheiterten Akquisition der Monte dei Paschi di Siena und die Spannungen mit der Europäischen Zentralbank seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine 2022 haben ihn abgehärtet.

Für Orcel, der für seinen "no bullshit"-Ansatz bekannt ist, könnte die Übernahme der Commerzbank ein entscheidender Schritt sein, um ein Vermächtnis im europäischen Bankensektor zu hinterlassen. Insider berichten, dass eine Fusion der Commerzbank mit UniCredit's deutscher Tochter HVB eine bevorzugte Option wäre – und das deutsche Regierungsmeinung dabei nicht ausreicht, um Orcel davon abzubringen.

Andrea Orcel bleibt eine spaltende Figur in der Finanzwelt. Doch eins ist sicher: Sein jüngster Schachzug wird die Diskussion über die notwendige Integration des EU-Bankensektors beleben und seine Rivalen weiterhin auf Trab halten.