Inmitten des andauernden Übernahmepokers zwischen der italienischen Großbank Unicredit und der deutschen Commerzbank richtet Unicredit-Chef Andrea Orcel seinen Blick auf die sich formierende neue Bundesregierung. Seinen Aussagen zufolge wird die offizielle Vorlage eines Angebots wohl noch Zeit in Anspruch nehmen. "Im besten Fall könnte ein Angebot frühestens im kommenden Jahr oder im letzten Quartal dieses Jahres auf dem Tisch liegen", betonte Orcel. Diese Verzögerung gibt dem Bankmanager den nötigen Spielraum, um sich auf die politischen Gegebenheiten der neuen Regierung einstellen zu können.
Zudem trat Orcel Befürchtungen entgegen, dass eine mögliche Übernahme der Commerzbank mit massiven Stellenstreichungen einhergehen könnte. Der Einsatz für den Erhalt von Arbeitsplätzen stehe ganz oben auf seiner Prioritätenliste. Dem Betriebsrat gab er zu bedenken, dass Entlassungen nicht nur intern für Unruhe sorgen würden, sondern auch ihm persönlich schlaflose Nächte bereiten könnten. "Wir suchen nach Wegen, wie wir die Belegschaft generell weiterbilden und qualifizieren können, statt sie zu reduzieren", erklärte Orcel.
Großes Entgegenkommen signalisiert Orcel bei der Frage nach dem zukünftigen Sitz der Commerzbank-Zentrale. Diese Entscheidung solle in Deutschland getroffen werden, wohingegen der Hauptsitz der gesamten Gruppe in Italien verbleiben wird. Der Teilausstieg des Staates aus der Commerzbank im September eröffnete Unicredit die Möglichkeit, sich mit rund 28 Prozent an der deutschen Bank zu beteiligen. Doch trotz dieser Mehrheitsanteile stößt das Vorhaben der Italiener auf den Widerstand sowohl der Arbeitnehmervertreter als auch der scheidenden Bundesregierung. Die endgültige Entscheidung liegt jedoch noch in den Händen der Bankenaufsicht, deren Genehmigung bislang aussteht.