24. September, 2024

Märkte

UniCredit-Chef Orcel stürzt Deutschlands politische Elite in Aufruhr

UniCredit-Chef Orcel stürzt Deutschlands politische Elite in Aufruhr

Andrea Orcel, Chef von UniCredit, hat es geschafft, die deutsche politische Landschaft gegen seine Pläne zur Beteiligung an Commerzbank zu vereinen. Der zweitgrößte Kreditgeber des Landes steht im Fokus des ehrgeizigen Bankiers, doch die deutschen Politiker haben kaum Mittel, um diesen Vorstoß zu stoppen.

Kanzler Olaf Scholz bezeichnete Orcels Vorstoß als „unfreundlichen Angriff“, nachdem UniCredit am Montag bekanntgab, durch Derivate seine potenzielle Beteiligung an Commerzbank auf 21% erhöht zu haben. Friedrich Merz, Vorsitzender der oppositionellen CDU, sieht einen möglichen Übernahmen als „Katastrophe für den deutschen Bankenmarkt“ und verweist auf die Erfahrungen mit HVB, welche nach der Übernahme durch UniCredit im Jahr 2005 erheblichen Stellenabbau erlebte.

Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen in einem Jahr sind deutsche Politiker besorgt über mögliche Arbeitsplatzverluste unter den 40.000 Mitarbeitern der Commerzbank und den Verlust der Kontrolle über eine bedeutende Bank, die für den Mittelstand des Landes wichtig ist.

Normalerweise könnte sich der Widerstand gegen eine solche Übernahme in zwei Formen äußern – entweder durch Mobilisierung der Aktionäre gegen UniCredit oder durch rechtliche Schritte zur Blockierung oder Verzögerung des Vorhabens. Allerdings betonten deutsche Regierungsvertreter, dass Banken von der Europäischen Zentralbank (EZB) reguliert werden und Gesetze zum Schutz kritischer Infrastrukturen nicht direkt auf die Verteidigung der Commerzbank anwendbar seien.

Die EZB fordert schon lange mehr grenzüberschreitende Fusionen zur Stärkung des Bankensektors der Eurozone. Ein Investor forderte Deutschland auf, über das nationale Interesse hinauszusehen: „Dies ist die fundamentale Frage für die deutsche Regierung: Welcher Gott wird dienen? Wir wird den Sozialismus oder den freien Markt wählen?“

Die deutsche Regierung hat als Ankerinvestor noch einen gewissen Handlungsspielraum, bemerkte Christoph Schalast, M&A-Anwalt und Professor an der Frankfurt School of Finance & Management. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass UniCredit eine feindliche Übernahme gegen den Willen des Vorstands, der Aktionäre und der Mitarbeiter der Commerzbank durchführt“, sagte Schalast.

Der Aufsichtsrat der Commerzbank äußerte sich am Dienstag vehement gegen eine Übernahme und kritisierte Orcel, wobei sie sich auf einen langen Kampf vorbereiteten.

Nun liegt der Ball bei der EZB, die einen Antrag von UniCredit auf Genehmigung zur Erhöhung ihres Anteils an der Commerzbank prüfen muss. Ein hochrangiger M&A-Banker meinte, die deutsche Regierung könne informell Druck auf Italien ausüben, um ein Geschäft zu behindern oder zu stoppen, habe aber sonst wenig Macht, Orcel zu stoppen.

Der italienische Außenminister Antonio Tajani lobte jedoch am Montag den Mut von UniCredit und betonte, dass die Bank gut daran tue, innerhalb des Binnenmarktes zu agieren.