Inmitten der fortschreitenden Energiewende in Europa warnt der Experte Jean-Baptiste Jarin von der Université de Pau et des Pays de l'Adour vor drohenden sozialen Ungerechtigkeiten. Diese könnten die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vertiefen, wenn die Politik nicht konsequent für mehr Energiegerechtigkeit sorgt. Im Fachjournal "Climate Policy" empfiehlt Jarin eine Anpassung der Steuersätze, die sich am spezifischen Verwendungszweck der Energie orientiert, um der wachsenden Ungleichheit entgegenzuwirken.
Der steigende Einsatz von erneuerbaren Energien birgt laut Jarin erhebliche steuerpolitische Fehlentwicklungen, besonders im Flugverkehr. Während das wohlhabendste Prozent der EU-Bevölkerung für zwei Drittel der Flugkilometer verantwortlich ist, nutzt die Hälfte der Europäer kaum Luftreisen. Gleichzeitig ist Strom, der für essentielle Haushaltsbedürfnisse notwendig ist, erheblich teurer als Strom, der für die Produktion von E-Kraftstoffen verwendet wird. Diese Preisunterschiede kommen vor allem den finanziell besser gestellten Bürgern zugute, während die breite Bevölkerung mit überhöhten Energiekosten zu kämpfen hat.
Ein signifikanter Punkt ist die steuerliche Behandlung von E-Kraftstoffen für den Flugverkehr, die weitgehend unbesteuert bleiben könnten, sollten keine Änderungen in der Politik erfolgen. Diese Entwicklung könnte die soziale Kluft weiter vertiefen, da der Energiebedarf des Flugverkehrs enorm ist und die Produktion von E-Kraftstoffen große Strommengen erfordert. Jarins Analyse betont, wie wichtig es ist, dass die politischen Entscheidungsträger sich der potenziellen sozialen Ungerechtigkeiten bewusst werden und die Steuerpolitik entsprechend anpassen.
Jarin äußert Besorgnis über die möglichen wirtschaftlichen Folgen einer solchen unausgewogenen Politik. Er warnt davor, dass die ungleiche Verteilung der Energiepreise zu höheren Stromkosten, sinkenden Wirtschaftswachstumsraten und steigender Inflation führen könnte. Diese Entwicklungen würden vor allem die unteren Einkommensschichten treffen und die soziale Ungleichheit weiter verschärfen. Obwohl Jarins Analyse auf französischen Daten beruht, könnte dies auf andere EU-Länder übertragen werden, da sie eine gemeinsame Energiesteuerrichtlinie befolgen.
Die Energiewende in der EU soll die Region bis 2050 klimaneutral machen, wobei ab 2025 ein Anteil von mindestens 2 Prozent der Flugkraftstoffe aus nachhaltigen Quellen stammen soll. Dieser Anteil ist bis 2050 auf 70 Prozent zu erhöhen, ein Ziel, das durch die Einführung von Kraftstoffen aus Bioabfällen und synthetischen Stoffen erreicht werden soll. Die soziale Dimension dieser Wende darf dabei nicht vernachlässigt werden, um eine gerechte Verteilung der Energiekosten zu gewährleisten.