In einer bemerkenswerten diplomatischen Kehrtwende hat Ungarn sein Veto-Recht genutzt, um die Aufhebung von EU-Sanktionen gegen mehrere russische Staatsangehörige durchzusetzen. Wie von Diplomaten bestätigt wurde, gehört zu den Profiteuren dieser Entscheidung der Oligarch Wjatscheslaw Mosche Kantor. Neben Kantor können auch eine Schwester des bekannten Unternehmers Alischer Usmanow sowie zwei weitere Personen aufatmen, da sie künftig nicht mehr auf der EU-Sanktionsliste stehen werden.
Der Hintergrund dieses Schachzugs liegt in der turnusgemäßen Verlängerung bestehender Sanktionen gegen mehr als 2.200 Personen und Organisationen. Da hierfür ein einstimmiger Beschluss der 27 EU-Mitgliedstaaten erforderlich war, nutzte Ungarn die Gelegenheit, um Zugeständnisse zu erwirken. Ursprünglich forderte das Land sogar die Aufhebung der Sanktionen gegen insgesamt neun Personen.
Ungarns Premier Viktor Orbán hat bereits mehrfach geäußert, dass er die Russland-Sanktionen der EU als nicht zielführend erachtet. Die EU-Sanktionen beinhalten üblicherweise Reisebeschränkungen, das Einfrieren von Vermögenswerten und das Verbot wirtschaftlicher Transaktionen, die in Reaktion auf Russlands Vorgehen in der Ukraine verhängt wurden.
Das Vorgehen Ungarns sorgte für intensive Diskussionen innerhalb der EU, da die Aufhebung der Sanktionen potenziell anderen russischen Bürgern Argumente liefern könnte, gegen die Strafmaßnahmen zu klagen. Beispielsweise wurde Kantor aufgrund seiner angeblichen Nähe zu Präsident Wladimir Putin sanktioniert, die ihm zum Schutz seines Vermögens verholfen haben soll. Er hält bedeutende Anteile an einem großen Düngemittelhersteller in Russland.
Ein Name in diesen Diskussionen führte jedoch kaum zu Kontroversen: Wladimir Raschewski. Der ehemalige Geschäftsführer von EuroChem erwirkte bereits im Juli vergangenen Jahres erfolgreich eine Klage gegen die EU-Sanktionen gegen seine Person.
Öffentlich vermied die Spitze der EU, auf die Spannungen mit Ungarn einzugehen. Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, bekräftigte vielmehr die Entschlossenheit der EU, den Druck auf Russland zu erhöhen und die Ukraine weiterhin zu unterstützen.