Die Europäische Union steht vor einem bedeutenden Wendepunkt in ihrer Sanktionspolitik. Aufgrund eines Vetos seitens Ungarns werden Sanktionen gegen mehrere prominente Russen aufgehoben, darunter der bekannte Oligarch Wjatscheslaw Mosche Kantor. Diese Entscheidung, die von mehreren Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigt wurde, betrifft auch eine Schwester des russischen Unternehmers Alischer Usmanow sowie zwei weitere Personen.
Ungarns Manövrieren im Sanktionsprozess war bemerkenswert. Mit dem Auslaufen bestehender Russland-Sanktionen, die zeitnah erneuert werden mussten, nutzte Ungarn sein Veto-Recht, um auf Veränderungen zu drängen. Damit forderte Ungarn das Einstimmigkeitsprinzip der 27 EU-Mitgliedstaaten heraus und drohte, die Verlängerung dieser Sanktionen zu blockieren, sofern nicht mehreren Russen die Sanktionen erlassen werden.
Ministerpräsident Viktor Orbán hat seine Skepsis gegenüber den Russland-Sanktionen der EU bereits mehrfach geäußert, was den Hintergrund des ungarischen Vorgehens zumindest teilweise erklärt. Die EU-Sanktionen bestanden ursprünglich aus Reiseverboten, dem Einfrieren von Vermögenswerten sowie einem wirtschaftlichen Boykott, der als Reaktion auf Russlands militärische Aggression gegen die Ukraine implementiert wurde.
Der Vorstoß Ungarns brachte kontroverse Debatten mit sich. Viele Mitgliedstaaten zeigten sich resistent gegenüber den ungarischen Forderungen. Befürchtet wird, dass das Einlenken der EU anderen sanktionierten Russen Argumente liefern könnte, gegen diese Maßnahmen rechtlich vorzugehen. Speziell im Fall von Kantor hatte der Sanktionsbeschluss seine engen Verbindungen zu Präsident Wladimir Putin hervorgehoben. Diese Beziehungen sollen ihm laut EU erheblichen wirtschaftlichen Auftrieb und Schutz geboten haben, während er die rechtswidrigen Handlungen Russlands offenbar unterstützt hat.