28. September, 2024

Wirtschaft

Umfassende Arbeitskampfbilanz 2023: Deutschland im internationalen Vergleich

Umfassende Arbeitskampfbilanz 2023: Deutschland im internationalen Vergleich

Das Jahr 2023 hat in Deutschland eine bemerkenswerte Streikfreudigkeit gezeigt, so das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in einer kürzlich veröffentlichten Bilanz. Obwohl Deutschland im internationalen Vergleich nur im unteren Mittelfeld liegt, verzeichnete das WSI eine Verdopplung der ausgefallenen Arbeitstage im Vergleich zum Vorjahr.

In anderen Ländern wie Belgien, Frankreich, Finnland und Kanada ist die Streikintensität traditionell höher. Belgien führt mit 103 Ausfalltagen pro 1000 Beschäftigte im Durchschnitt der letzten zehn Jahre, während Deutschland nur 18 Tage verzeichnete. Trotzdem war die Streikbereitschaft in Deutschland 2023 bemerkenswert hoch, mit insgesamt 1,5 Millionen ausgefallenen Arbeitstagen und über 850.000 Streikteilnehmern. Dies ist die höchste Zahl seit 2015 und mehr als doppelt so hoch wie die 674.000 ausgefallenen Tage im Jahr 2022.

Die Hauptursachen für diese Zunahme sieht das WSI in der hohen Inflationsrate und den damit verbundenen Reallohnverlusten. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, deutet die große Streikbeteiligung als ein positives Zeichen. Sie betont, dass das Engagement das Selbstvertrauen fördere, die eigenen Arbeits- und Lebensbedingungen positiv beeinflussen zu können, und somit auch die Demokratie stärke.

Für das Jahr 2024 prognostiziert das WSI erneut zahlreiche Arbeitskämpfe. Ein Grund für die im internationalen Vergleich niedrigere Streikintensität in Deutschland ist das restriktive Streikrecht, das weniger weitreichende Streiks zulässt als in vielen anderen Ländern.

Die Arbeitskampfbilanz des WSI basiert auf Angaben von Gewerkschaften und Medienberichten. Es wird darauf hingewiesen, dass nicht alle Gewerkschaften Warnstreiks erfassen und Streiks außerhalb des Tarifgeschehens nur selten bekannt werden.