06. Oktober, 2024

Wirtschaft

Umbau der Rentensysteme im öffentlichen Dienst: Balanceakt oder Weg in die Zukunft?

Umbau der Rentensysteme im öffentlichen Dienst: Balanceakt oder Weg in die Zukunft?

Das britische öffentliche System sieht sich einer herausfordernden Problematik gegenüber: Die Bindung von Fachkräften wird zunehmend kostenintensiver. Jedes Jahr wechselt ein Viertel der hochrangigen Beamten ihren Arbeitsplatz oder verlässt den öffentlichen Dienst komplett, während die Stellenangebote für Lehrer seit der Pandemie dramatisch angestiegen sind. Dies hat den Kanzler Rachel Reeves dazu veranlasst, mit Steuerzahlergeldern von 9,4 Milliarden Pfund Gehaltserhöhungen zu fördern.

Experten schlagen jedoch eine alternative Lösung vor: Die Verlagerung von Mitteln aus großzügigen Pensionsfonds hin zu Gehaltssteigerungen. Dies könnte insbesondere im höheren Einkommensbereich attraktiv sein. Paul Johnson, Direktor des Institute for Fiscal Studies (IFS), betonte, dass eine Umverteilung der Mittel zugunsten höherer Gehälter sinnvoll wäre, da die öffentlichen Pensionen im Vergleich zur Privatwirtschaft unverhältnismäßig großzügig seien.

Theresé Coffey, ehemalige Arbeits- und Rentenministerin, stimmt dem zu und plädiert für mehr Wahlmöglichkeiten, um Talente aus der Privatwirtschaft zu gewinnen. Ähnlich äußerte sich der ehemalige Chef des öffentlichen Dienstes, Gus O'Donnell, und erklärte, dass eine Neuausrichtung zu höheren Gehältern dringend notwendig sei.

Doch dieser Ansatz stößt auch auf Widerstand, insbesondere von Gewerkschaften wie der Public and Commercial Services Union, die argumentieren, dass sich Gehälter und Pensionen nicht gegenseitig ausschließen sollten. Trotz der Debatte haben einige Bildungseinrichtungen, wie United Learning, bereits begonnen, Lehrern höhere Gehälter zu bieten, wenn sie aus dem bisherigen Rentensystem aussteigen.

Die wirtschaftliche Diskrepanz zwischen öffentlichem und privatem Sektor ist offensichtlich: Seit 2019 ist das Gehalt im privaten Sektor real um 6 Prozent gestiegen, während es im öffentlichen Sektor nur 1 Prozent waren. Dies trifft insbesondere Spitzenverdiener hart, die reale Einkommensverluste hinnehmen müssen.

Während der Staat großzügige Pensionsvergünstigungen bietet, sind diese für viele niedrigere Einkommensgruppen im öffentlichen Dienst nicht tragbar. Im Gesundheitssystem etwa wählen 15 Prozent der Krankenschwestern und ein Fünftel der Ärzte den Ausstieg aus dem Pensionsplan, da die Beiträge unerschwinglich sind.

Eine Neuausrichtung der Gehälter und Renten könnte jedoch langfristig eine Verjüngung des öffentlichen Dienstes fördern und gleichzeitig die Produktivität steigern. Doch der politische Preis dieser Maßnahme könnte hoch sein, insbesondere wenn die Nutzen für die aktuelle Generation der Ruheständler nicht ausreichend kommuniziert werden.