Die Europawahlen in Ungarn brachten eine beachtliche Überraschung: Die Fidesz-Partei des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban musste ihr bisher schlechtestes Ergebnis hinnehmen. Trotz eines Stimmenanteils von 44,2 Prozent und der Beibehaltung ihrer Position als stärkste politische Kraft im Land verlor die Partei zwei Mandate im Europaparlament. Den wahren Paukenschlag lieferte jedoch die neu gegründete Partei Respekt und Freiheit (Tisza) des Herausforderers Peter Magyar, die aus dem Stand auf bemerkenswerte 30,1 Prozent kam. Die Wahlkommission gab bekannt, dass Fidesz künftig 11 Abgeordnete nach Brüssel entsenden wird, im Vergleich zu bisher 13. Die Tisza-Partei hingegen erreicht auf Anhieb 7 Mandate. Weitere Sitze gingen an ein sozialdemokratisches Bündnis mit zwei Mandaten sowie die rechtsextreme Partei Unsere Heimat (Mi Hazank), die ein Mandat erhielt. Peter Magyar, ehemaliger Ehemann der früheren Justizministerin Judit Varga und einst in Regierungsinstitutionen und staatsnahen Unternehmen tätig, hatte seinen Bruch mit Orban im Februar öffentlich gemacht. Zielstrebig verfolgt er das Vorhaben, Orbans Macht bei den nächsten Parlamentswahlen im Jahr 2026 zu brechen. Orban seinerseits setzte massive Ressourcen und Schmutz-Kampagnen gegen Magyar ein, wobei er auch Kriegsängste schürte. Er implizierte, die Abwendung eines möglichen Dritten Weltkriegs hänge von einem ausreichenden Fidesz-Vertreteranteil im Europaparlament ab. Interessant bleibt, dass die Fidesz-Abgeordneten bis zu ihrem Austritt im März 2021 der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) angehörten. Orban plant, sie im neuen Parlament in einer Fraktion rechts der EVP zu platzieren. EVP-Chef Manfred Weber (CSU) äußerte zuletzt Interesse daran, die Tisza-Partei von Magyar in den EVP-Reihen willkommen zu heißen. Zeitgleich zur Europawahl fanden in Ungarn auch Kommunalwahlen statt. Besonders in den Großstädten konnte die Opposition ihre 2019 errungenen Bürgermeisterposten weitgehend verteidigen. Die Wahl des Budapester Oberbürgermeisters bot einen regelrechten Krimi: Der links-grüne Amtsinhaber Gergely Karacsony lag nach 95 Prozent der ausgezählten Stimmen knapp vor seinem Herausforderer David Vitezy, der von der grünen Splitterpartei LMP aufgestellt wurde und Unterstützung von Orbans Fidesz erhielt.
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Überraschungserfolg bei Europawahlen in Ungarn: Neue Partei Tisza debütiert stark
