06. Oktober, 2024

Politik

Überraschende Wende bei der Parlamentswahl in Frankreich: Linksbündnis voran

Überraschende Wende bei der Parlamentswahl in Frankreich: Linksbündnis voran

Die Parlamentswahl in Frankreich hat zu unerwarteten Ergebnissen geführt: Das Linksbündnis Nouveau Front Populaire konnte ersten Hochrechnungen zufolge die meisten Sitze erringen. Die rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) schaffte es hingegen nur auf den dritten Platz, hinter dem Mitte-Lager um Präsident Emmanuel Macron. Keines der Bündnisse hat jedoch die notwendige absolute Mehrheit von 289 Sitzen erreicht.

Erste Zahlen zeigen, dass das Linksbündnis auf 172 bis 215 der insgesamt 577 Sitze kommen könnte. Die Kräfte um Präsident Macron erhalten voraussichtlich zwischen 150 und 180 Mandate, während das RN, geleitet von Marine Le Pen, 120 bis 152 Sitze einnehmen könnte. Diese Entwicklung ist insofern überraschend, als dass das RN nach der ersten Wahlrunde noch in der Poleposition lag.

Für Macrons Mitte-Kräfte und die Linke war klar, dass eine Kooperation notwendig ist, um gegen das RN bestehen zu können. In Wahlkreisen mit mehreren aussichtsreichen Kandidaten zogen sich daher einige Kandidaten zurück und riefen ihre Anhänger auf, gegen das RN zu stimmen. Diese taktische Allianz scheint nun Früchte zu tragen.

Das Linksbündnis, eine Zweckgemeinschaft aus Linken, Kommunisten, Sozialisten und Grünen, entstand erst vor wenigen Wochen. In der Partei gibt es Spannungen, insbesondere um die umstrittene Führungsfigur Jean-Luc Mélenchon, der populistische und euroskeptische Positionen vertritt.

Die Zukunft der Regierungsbildung bleibt ungewiss. Eine mögliche Minderheitsregierung mit Unterstützung von Macrons Mitte-Kräften oder sogar eine Große Koalition wird derzeit diskutiert. Doch aufgrund der politischen Differenzen ist unklar, ob diese Konstellationen machbar sind. Premierminister Gabriel Attal hatte eine Zusammenarbeit mit der Linken bereits kategorisch ausgeschlossen. Sollte Macron gezwungen sein, einen Premier aus dem linken Lager zu ernennen, würde dies seine Macht signifikant einschränken.

Sollte keine mehrheitsfähige Regierung zustande kommen, könnte Frankreich politischer Stillstand drohen. Eine erneute Auflösung des Parlaments und Neuwahlen sind erst im Juli 2025 wieder möglich. Für Deutschland und Europa bedeutet dies, dass Frankreich womöglich nicht mehr als verlässlicher Partner zur Verfügung steht. Statt neuer Initiativen könnte Verwaltungsalltag die politische Agenda dominieren.

Ein Sieg des RN hätte indes massive politische Verschiebungen zur Folge gehabt und für Deutschland und die EU erhebliche Konsequenzen gebracht. Die Partei verachtet die enge Zusammenarbeit mit Berlin und möchte den EU-Einfluss in Frankreich zurückdrängen. Eine RN-Regierung hätte Frankreich deutlich nach rechts verschoben, was an die Zeiten des Vichy-Regimes erinnert hätte.

Der Erfolg des Linksbündnisses ist auch ein Zeichen für die Ablehnung einer rechtsnationalen Regierung. Zweifel an der angeblichen Mäßigung der RN durch Le Pen und die Verunsicherung durch rechtsextreme und antisemitische Äußerungen ihrer Kandidaten haben ebenfalls ihren Anteil am Wahlergebnis.

Im Vergleich zu den Erwartungen steht Macron relativ gut da. Trotz der Aussicht auf Kompromisse und möglicherweise geteilte Macht könnte seine Fraktion noch wichtiger Bestandteil einer zukünftigen Regierung werden.