Die europäische Bestrebung, den Anteil am weltweiten Mikrochips-Markt bis 2030 auf 20 Prozent auszubauen, steht vor substanziellen Herausforderungen. Annemie Turtelboom, ein einflussreiches Mitglied des Europäischen Rechnungshofs, fordert eine gründliche Analyse des aktuellen Kurses und betont die Notwendigkeit einer pragmatischen Bewertung der strategischen Zielsetzungen der EU.
Das im Jahr 2023 verabschiedete EU-Chip-Gesetz hat das Ziel, durch umfassende finanzielle Investitionen die Produktion von Mikrochips innerhalb Europas deutlich zu steigern. Trotz der bemerkenswerten Finanzspritzen bleibt das Ziel eines 20-prozentigen Marktanteils äußerst ehrgeizig. Derzeit dominiert Asien, insbesondere in den Bereichen der hochmodernen Chips für Smartphones und Künstliche Intelligenz, die globale Produktionslandschaft. Diese massive internationale Abhängigkeit weckt Befürchtungen im Westen bezüglich potenzieller Lieferengpässe, besonders vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen rund um Taiwan.
Obschon die Europäische Kommission Fortschritte verzeichnet, wird das gesteckte Ziel kritisiert, da es eine drastische Erhöhung der Produktionskapazitäten erfordert. Die derzeitigen Entwicklungen sind weit von diesem Ziel entfernt. Insbesondere stellen die Abhängigkeit von Rohstofflieferungen, steigende Energiekosten und ein Mangel an qualifizierten Fachkräften signifikante Hindernisse dar, die überwunden werden müssen.
Ein zusätzliches Problem ist die stark konzentrierte Struktur der Mikrochip-Industrie in Europa, die sich auf wenige große Konzerne beschränkt. Das Scheitern einzelner Initiativen könnte somit weitreichende negative Folgen nach sich ziehen. Hoffnung besteht jedoch in den getätigten Investitionen: Auf das neue Gesetz hin startete der taiwanische Technologieriese TSMC den Bau einer milliardenschweren Produktionsanlage in Dresden. Im Gegensatz dazu zog Intel seine Pläne für eine Produktionsstätte in Magdeburg vorerst zurück.
Der Europäische Rechnungshof, mit Sitz in Luxemburg und verantwortlich für die Prüfung der finanziellen Aktivitäten der Europäischen Union, hebt die dringende Notwendigkeit hervor, die europäische Strategie im Bereich der Mikrochips an die Realität anzupassen. Dies erfordert eine tatkräftige und kooperative Anstrengung aller Beteiligten, um nicht nur ehrgeizige, sondern auch realistische Ziele zu definieren und nachhaltig zu erreichen.