Mit dem überraschenden Sturz des Assad-Regimes in Syrien könnte sich eine neue politische Landschaft im Nahen Osten formen, in der der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan eine Schlüsselrolle einnehmen könnte. Nach dreizehn Jahren des Bürgerkriegs an ihrer Grenze hat die Türkei erstmals die Möglichkeit, ihre Rolle und ihren Einfluss in der Region neu zu definieren.
Erdoğan verkündete kürzlich in Gaziantep eine "neue diplomatische und politische Realität in Syrien", nachdem die von der Truppengruppe Hayat Tahrir al-Sham geführte Offensive die Assad-Regierung zu Fall gebracht hat. Trotz der unsicheren Verbindungen zu der islamistischen Gruppe, spekulieren viele Experten über die potenziellen Vorteile, die Erdoğan aus der neuen Lage ziehen könnte – sowohl auf politischer als auch auf wirtschaftlicher Ebene.
Ömer Özkizilcik, ein führender Analyst des Atlantic Council, betonte, dass die Türkei durch ihre kontinuierliche Unterstützung für die syrische Opposition einen strategischen Vorteil erlangt habe. Die von Erdoğan geführte Regierung hatte den syrischen Rebellen nicht nur Zuflucht gewährt, sondern auch militärische Unterstützung geleistet.
Infolge dieser Entwicklungen erhofft sich die Türkei ein verändertes Machtgleichgewicht im Verhältnis zu Akteuren wie Russland und Iran. Zusätzlich bedeutet der Machtwechsel in Damaskus eine potenzielle Rückkehr vieler syrischer Flüchtlinge, die seit Jahren in der Türkei Zuflucht gefunden haben und deren anhaltende Präsenz innenpolitisch umstritten ist.
Nichtsdestotrotz bleibt die Zukunft Syriens und die Rolle der Kurden in einem neuen Regierungskonstrukt unklar. Ankara verfolgt mit Argwohn jegliche Entwicklungen, die eine Stärkung der kurdischen Autonomiebestrebungen zur Folge haben könnten. Zudem besteht das Risiko, dass Konflikte in der Region erneut aufflammen und weitere Flüchtlingsströme zur Konsequenz haben.
In diesem komplexen Gefüge wird Erdoğans Fähigkeit, als bedeutender regionaler Akteur zu agieren, auf die Probe gestellt. Während das Potenzial für wirtschaftlichen Aufschwung durch Wiederaufbauprojekte immens ist, bleibt die politische Lage ausgesprochen volatil. Experten betonen, dass trotz aller Chancen nichts in Stein gemeißelt ist und der Ausgang der Entwicklungen ungewiss bleibt.