Shigeru Ishiba beginnt seine zweite Amtszeit als japanischer Premierminister mit einem unerwarteten Medienauftritt: während seiner eigenen Nominierung im Parlament wurde er beim Nickerchen erwischt. In Japan ist es nicht ungewöhnlich, dass Politiker während der langen, oft zähen Parlamentsdebatten einen Moment der Ruhe finden. Laut Ishibas Sprecher war daran jedoch nur ein Erkältungsmedikament schuld. Ishiba hätte jedoch vielleicht lieber weitergeschlafen, angesichts der Herausforderungen, die ihn erwarten. Nach einer niederschmetternden Wahlniederlage steht er nun an der Spitze einer Minderheitsregierung, eine Situation, die es seit drei Jahrzehnten in Japan nicht mehr gab und die mit Instabilität einhergehen könnte. Zudem ist der Leiter der Partei, auf deren Unterstützung Ishiba besonders angewiesen ist, in einen Skandal verstrickt, da er eine außereheliche Affäre eingeräumt hat. Zu allem Überfluss haben zwei seiner Kabinettsminister ebenso wie der Leiter seines Koalitionspartners ihre Sitze im Wahlkampf verloren. Dass es der Liberaldemokratischen Partei gelang, nicht das gleiche Schicksal wie andere amtierende Regierungen weltweit zu erleiden, könnte ein Zufall des Timings sein, da auch die größte Oppositionspartei derzeit eine Umstrukturierung durchläuft.