16. April, 2025

Global

Trumps Wirtschaftskurs trifft Amerikas Mitte

Unsicherheit bei Jobs, Zöllen, Renten und Krediten: Sechs Amerikanerinnen erzählen, wie sie unter der wirtschaftspolitischen Kehrtwende in den USA leiden – und warum große Lebensentscheidungen auf unbestimmte Zeit vertagt sind.

Trumps Wirtschaftskurs trifft Amerikas Mitte
Unter Trumps Haushaltspolitik verlieren junge Beamte ihre Jobs – Förderprogramme für Studentenkredite wie PSLF geraten ins Wanken. Die Folge: Lebensentscheidungen werden vertagt.

Kein Crash – aber lähmende Unsicherheit

Die USA befinden sich nicht in einer offiziellen Rezession, doch das Lebensgefühl vieler Bürger lässt daran zweifeln. Hohe Zölle, abrupte Haushaltskürzungen und eine lähmende Hängepartie bei den Studentenkrediten bremsen den Mut zu Investitionen – ob Hauskauf, Kinderwunsch oder Unternehmensgründung.

Es sind keine spektakulären Zahlen, sondern stille Verschiebungen im Alltag, die derzeit die wirtschaftliche Verfassung des Landes spiegeln.

Konsumindikatoren wie das Verbrauchervertrauen sind auf ein Drei-Jahres-Tief gefallen. Die Inflation zieht wieder an, gleichzeitig geht die Konsumlaune zurück.

In Washington mag man von wirtschaftlicher Stabilität sprechen – draußen im Land herrscht das Gefühl: Lieber abwarten. Und genau das tun immer mehr Menschen.

Vom Kinderwunsch zum Krisenmodus

Florence Thompson steht exemplarisch für eine Generation, die sich trotz stabiler Einkommen zurückhält. Die 39-jährige Sozialarbeiterin würde gerne ein Kind bekommen und ein Haus kaufen.

Offiziell brummt die US-Wirtschaft, doch viele Bürger frieren Ausgaben ein – aus Angst vor steigenden Zinsen, Zöllen und Sozialkürzungen.

Das Geld hätte sie – doch die Unsicherheit über ihre künftigen Kreditverpflichtungen lähmt sie. Seit Monaten steckt ihr Studentendarlehen in einer gerichtlichen Blockade. Weder kann sie Zahlungen leisten, noch sammelt sie neue Ansprüche im Public-Service-Loan-Programm, das unter Trump gerade systematisch geschliffen wird.

Die Folgen: Pläne auf Eis, Leben auf Stand-by.

„Ich habe die Mittel, aber nicht die Sicherheit. Ich kann mir keine Familiengründung leisten, wenn ich nicht weiß, ob mir demnächst Hunderte Dollar im Monat fehlen“, sagt sie.

Der Fall ist kein Einzelfall, sondern Teil eines politisch geschaffenen Flickenteppichs, der hunderttausende junge Amerikaner betrifft.

Weg aus dem System – zurück ins Kinderzimmer

Auch Bri O., 23 Jahre alt und in der Finanzbranche tätig, hat reagiert – mit einem Rückzug. Die junge Frau lebt wieder bei ihren Eltern in North Carolina, um genug zu sparen. Ziel: Auswandern.

Die queere Amerikanerin will spätestens 2026 nach Spanien ziehen. Nicht aus Abenteuerlust, sondern aus Angst: „Es ist traurig, dass ich mein Heimatland verlassen will, weil ich mich hier nicht mehr sicher fühle.“

Trumps Rückkehr ins Weiße Haus hat ihren Plan beschleunigt. Rechte Kulturpolitik und wirtschaftliche Unsicherheit treffen ihre Generation doppelt: ideologisch und finanziell. Bri spart 50.000 Dollar, um notfalls ganz neu anzufangen – in einem Land, das ihr zumindest politische Stabilität verspricht.

Immer mehr junge Amerikanerinnen verschieben Familiengründung, Hauskauf oder Selbstständigkeit – aus Angst vor politisch verursachter finanzieller Instabilität.

Die Bundesbedienstete, die ausstieg

Ashley Shannon, Juristin in Washington D.C., hatte gerade erst richtig angefangen. Nach zwei Jahren beim Justizministerium, in einer Rolle mit Sinn und Zukunft, kündigte sie – auf Druck von oben.

„Entweder du gehst jetzt, oder du wirst bald gegangen“, hieß es intern.

Hintergrund: die massive Entlassungswelle unter Trump, die gezielt junge Beamte und Bewährungshelfer trifft.

Shannon hatte 100.000 Dollar Jahresgehalt, wollte eine Wohnung kaufen, sich ein Leben aufbauen. Jetzt sitzt sie seit März ohne Job da – und steht kurz vor dem Rückzug ins Elternhaus nach Chicago.

Ihre Geschichte ist nicht nur eine persönliche Niederlage. Sie zeigt, wie politische Kürzungen Karrieren systematisch zerstören – gerade von Frauen, Minderheiten und Berufseinsteigern.

Die neue Vorsicht bei Renten und Risiken

Auch ältere Generationen rutschen zurück in den Krisenmodus. Margarita Sdoukos, 49, plante mit ihrem Mann den frühen Ruhestand. Sie hatten gespart, investiert, kalkuliert. Doch die Aktienmärkte reagierten nervös auf Trumps Zollpolitik – das Depot schrumpfte, die Strategie wackelt.

Nun zieht sich das Paar aus riskanteren Anlagen zurück, denkt um – und plant womöglich nie ganz in Rente zu gehen. Der Traum vom selbstbestimmten Rückzug ist in die Ferne gerückt.

Noch drastischer trifft es Kathy Heller. Die 67-jährige Witwe arbeitet fast Vollzeit als Immobilienmaklerin – nicht aus Leidenschaft, sondern weil ihre Sozialversicherungsleistungen nicht reichen. Die Bürokratie ist zäh, der Staat schwer erreichbar, das Vertrauen bröckelt. Ihre Erkenntnis: „Wenn du keine Rücklagen hast, bist du geliefert.“

Unternehmerinnen in der Warteschleife

Jessica Deseo, Designerin und Unternehmerin aus Kalifornien, steht an einem Scheideweg: Festanstellung behalten oder voll ins Risiko gehen? Die wirtschaftliche Stimmung in den USA macht die Entscheidung schwer.

„Du siehst überall Entlassungen. Kunden kürzen Budgets. Ich will mein Unternehmen ausbauen, aber kann ich es mir leisten?“ Ihre Lage ist typisch für viele Freelancerinnen und Selbstständige – zwischen Ambition und Absturzgefahr.