Die anstehende US-Präsidentschaftswahl könnte die amerikanische Wirtschaftslandschaft tiefgreifend verändern. Trump und Harris stehen mit ihren Plänen für deutlich unterschiedliche Ansätze, die Amerikas größte Industrien nachhaltig prägen könnten. Von der Energie- und Technologiebranche über das Gesundheitswesen bis hin zu Finanzunternehmen – die Wahl wird viele Sektoren neu definieren und den Kurs für die nächsten Jahre setzen.
Energie: Fossile Brennstoffe und grüne Energien im Zwiespalt
Sollte Trump ins Weiße Haus zurückkehren, könnte das Öl- und Gasgeschäft aufatmen. Der ehemalige Präsident hat angekündigt, sämtliche von Biden eingeführten Umweltvorschriften, die er als „industriefeindlich“ bezeichnet, abzuschaffen.
Sein Plan, Genehmigungen für Flüssiggasterminals zu beschleunigen und die Regulierungen für Treibhausgasemissionen zu lockern, soll Amerikas fossile Energien stärken. Das Versprechen: weniger Hürden für die traditionellen Energieriesen, die auf fossile Brennstoffe setzen.
Diese Deregulierung könnte jedoch erneuerbare Energien, insbesondere die Offshore-Windkraft, erheblich treffen, da sie stark auf Bundesgenehmigungen angewiesen ist. Kritiker befürchten, dass Trumps Politik einen Schritt zurück für die Klimaziele des Landes bedeuten könnte.
Harris hingegen vertritt eine völlig andere Linie. Ihre Politik setzt auf erneuerbare Energien und stützt sich auf das „Inflation Reduction Act“, ein umfassendes Klimagesetz, das Investitionen von bis zu 450 Milliarden US-Dollar in grüne Technologien vorsieht.
Dieses Gesetz hat unter der Biden-Regierung viele Anreize geschaffen, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Ein Sieg von Harris würde bedeuten, dass diese Agenda weitergeführt und vielleicht sogar ausgebaut würde – ein klarer Sieg für die grüne Energiewirtschaft.
Technologie: Regulierung von KI und der Konflikt um Halbleiter
Die Technologiebranche blickt mit gemischten Gefühlen auf die Wahl. Trump hat versprochen, die von Biden eingeführten KI-Regulierungen aufzuheben, die besonders im Silicon Valley für Aufregung sorgten. Für viele Tech-Giganten und Start-up-Investoren wie Elon Musk und Marc Andreessen wäre dies ein Befreiungsschlag – weniger Regulierungen könnten das Tempo des KI-Fortschritts beschleunigen und den Wettbewerb mit China fördern.
Doch mit Trumps scharfer Rhetorik gegenüber Taiwan und China droht eine weitere Eskalation im Handelskonflikt. Firmen wie Nvidia, die auf die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) angewiesen sind, könnten empfindliche Kostensteigerungen und Lieferengpässe spüren. Sollte Trump neue Zölle auf Importe aus Taiwan verhängen, wären auch Branchenriesen wie Apple betroffen, deren Lieferketten fest in Asien verankert sind.
Harris stellt sich als gemäßigtere Partnerin der Tech-Branche dar. Ihre Nähe zu Kalifornien und ihre progressive Haltung zur Einwanderung machen sie zur Verbündeten eines offenen Arbeitsmarktes, der Silicon Valley seit jeher beflügelt hat. Gleichzeitig würde sie sich weiterhin für Regulierungen im KI-Bereich einsetzen, um potenzielle Risiken zu minimieren.
Ihre Unterstützung der Halbleiterproduktion in den USA könnte langfristig stabilere Lieferketten schaffen, wenn auch nicht ohne zusätzliche Regulierungen.
Finanzsektor: Banken hoffen auf Lockerungen
Ein weiterer Sektor, der von der Wahl stark betroffen sein könnte, ist das Bank- und Finanzwesen. Während Bidens Präsidentschaft haben US-Banken erfolgreich gegen höhere Eigenkapitalanforderungen gekämpft. Trump könnte ihnen in diesem Punkt weiter entgegenkommen und eine noch unternehmensfreundlichere Haltung einnehmen.
Die Banken hoffen außerdem, dass Trump die strenge Kartellpolitik der Federal Trade Commission lockert und den Regulierungsdruck auf private Investitionen und Klimaoffenlegungen mindert.
Harris könnte hingegen eine ausgewogene Linie fahren. Sie hat vermögende Spender bereits davon überzeugt, dass ihre Regierung in der Finanzregulierung weniger aggressiv sein wird als Bidens Verwaltung. Sollte sie jedoch versuchen, die Vorsitzende der Federal Trade Commission Lina Khan zu ersetzen, könnte es innerhalb der Demokraten zu heftigen Diskussionen kommen. Es bleibt fraglich, ob Harris auch in der Finanzpolitik den Weg der Mitte finden wird.
Gesundheitswesen: Preiskontrollen und die Zukunft von Obamacare
Im Gesundheitssektor könnten sich die politischen Gegensätze kaum stärker zeigen. Trump hat bereits während seiner ersten Amtszeit versucht, den Affordable Care Act (Obamacare) abzuschaffen, blieb jedoch letztlich erfolglos. Seine aktuellen Pläne für das Gesundheitssystem bleiben vage, aber eine Abschaffung von Obamacare würde Millionen Amerikaner betreffen, die auf staatlich subventionierte Gesundheitsprogramme angewiesen sind.
Harris hingegen will Obamacare weiter stärken und plant, die Preiskontrollen für Medikamente auszuweiten, insbesondere für das Medicare-Programm, das Amerikanern ab 65 Jahren zugutekommt. Mit der Einführung eines Preisdeckels für Insulin strebt sie nach einer weitreichenden Reduzierung der Gesundheitskosten. Auch hier wird die Zustimmung des Kongresses entscheidend sein, um diese Reformen umzusetzen.
Luftfahrt: Handelszölle und internationale Konkurrenz
Trumps Position im Handelsstreit könnte für die amerikanische Luftfahrtindustrie erhebliche Konsequenzen haben. Seine Pläne, Zölle auf Waren aus China und anderen Ländern zu erheben, könnte US-Unternehmen wie Boeing empfindlich treffen, die auf den chinesischen Markt angewiesen sind.
Sollten Vergeltungszölle Chinas auf amerikanische Flugzeugexporte folgen, könnte sich das negativ auf Boeings Verkaufszahlen und Marktposition auswirken. Hinzu kommt die Abhängigkeit von importierten Komponenten, die auch Airbus, Boeings größter Rivale, betreffen könnte.
Harris würde die Politik Bidens in dieser Hinsicht wahrscheinlich fortführen, was für Boeing und andere Luftfahrtunternehmen mehr Planbarkeit bedeuten könnte.
Konsumgüter: Preise unter der Lupe
Harris will Lebensmittel- und Getränkekonzerne strenger kontrollieren und hat angekündigt, gegen „Preistreiberei“ vorzugehen. Fusionen und Übernahmen, die den Wettbewerb schädigen, stehen bei ihr ebenfalls auf dem Prüfstand. In der Konsumgüterbranche könnten einige Großkonzerne dadurch gezwungen werden, ihre Expansionspläne anzupassen.
Trump hingegen verfolgt eine ganz andere Strategie: Durch Importzölle auf Rohstoffe wie Zucker und Getreide will er die heimische Produktion ankurbeln und die Kosten für die Verbraucher senken. Doch die National Retail Federation schätzt, dass die Zölle in Wirklichkeit die Preise erhöhen und den Verbrauchern zwischen 46 und 78 Milliarden Dollar Kaufkraft entziehen könnten.
Automobilindustrie: Rückkehr zu Verbrennungsmotoren?
Trump hat sich wiederholt gegen die Förderung von Elektrofahrzeugen (EVs) ausgesprochen und könnte die Subventionen für diese Autos abschaffen. Er ist der Meinung, dass strenge Emissionsvorschriften der Automobilbranche schaden und Innovationen ausbremsen. Musk unterstützt Trump und hat sogar in den Wahlkampf investiert, was den Tech-Milliardär in eine ambivalente Position bringt.
Harris hingegen könnte den Kurs in Richtung Elektrofahrzeuge beibehalten und weiterhin steuerliche Anreize für saubere Technologien bieten. Die Unterstützung für neue EV-Infrastrukturen könnte langfristig den Automobilsektor umweltfreundlicher gestalten.
Eine wegweisende Entscheidung für Amerikas Zukunft
Die US-Wahl wird richtungsweisend für die amerikanische Wirtschaft sein. Trump steht für eine drastische Deregulierung und harte Linie im Handel, während Harris nachhaltige Technologien und einen stärkeren Schutz der Verbraucher priorisiert. Beide Kandidaten könnten für unterschiedliche Industrien Gewinner und Verlierer schaffen.