Der Handelskrieg kennt keine Freunde mehr
Donald Trump hat ein neues Kapitel im Wirtschaftskonflikt mit China aufgeschlagen – und das mit maximaler Eskalation.
Während Peking auf die angekündigten 34-Prozent-Gegenzölle der USA mit gewohnt scharfer Rhetorik reagierte, verdoppelt der US-Präsident seinen Kurs: Sollte China nicht bis Dienstag einlenken, folgen weitere 50 Prozent. Das bedeutet: Chinas Exporte in die USA könnten bald mit Zöllen von über 100 Prozent belegt werden.
Für die Weltwirtschaft ist das ein Menetekel. Denn was wie ein bilateraler Konflikt beginnt, trifft längst nicht mehr nur die beiden Kontrahenten – sondern den gesamten indopazifischen Raum.
Besonders pikant: Getroffen werden ausgerechnet jene Länder, die der Westen als Alternativen zu China aufgebaut hat.
Strafzölle für die neuen Partner
Vietnam: +46 %. Indien: +26 %. Thailand: +36 %. Japan und Südkorea: jeweils über 24 %. Die Liste liest sich wie das Adressbuch der westlichen „China-Plus-Eins“-Strategie – und sie steht nun unter Beschuss.

Der politische Nebeneffekt von Trumps Wirtschaftspolitik ist fatal: Wer sich von China emanzipiert, wird nicht belohnt, sondern abgestraft.
Vietnam hatte in den letzten Jahren massiv von Produktionsverlagerungen aus China profitiert. Allein im Jahr 2023 stiegen die Direktinvestitionen aus westlichen Ländern dort um rund 15 %.
Doch nun könnte dieser Kurs bröckeln. Ein signifikanter Teil der vietnamesischen Exporte in die USA – rund 15 % – basiert auf chinesischen Vorprodukten oder ist Re-Export. Trump vermutet darin eine „Umgehungsstrategie“ – und zieht Vietnam in Mithaftung.
Chinas geopolitischer Triumph auf leisen Sohlen
Während Washington droht, besucht Xi Jinping die Verunsicherten. Bereits in wenigen Wochen will der chinesische Präsident Vietnam, Malaysia und Kambodscha bereisen – alles Länder, die vom US-Zollhammer betroffen sind.
China verspricht Stabilität, Planbarkeit und Partnerschaft – während die USA mit kurzfristigen Drohkulissen operieren. Eine klassische Umkehr der Rollen.
„Wir werden unsere legitimen Interessen verteidigen“, ließ Chinas Handelsministerium verlauten.
Was klingt wie Routine, ist in Wahrheit ein Signal: Peking will den Konflikt nicht schlichten – sondern strategisch nutzen.
Indopazifik-Strategie vor dem Kollaps
Die Ironie: Eigentlich wollten die USA den Indopazifik als Gegengewicht zu China stabilisieren. Doch Trumps Politik untergräbt das mühsam aufgebaute Vertrauen.
Länder wie Japan, Südkorea und Indien, die als Pfeiler dieser Strategie galten, sehen sich nun in der Defensive. In Tokio und Seoul beginnt bereits das politische Rechnen – und es geht um mehr als Importzölle.

Nicht nur wirtschaftlich, auch sicherheitspolitisch droht der US-Einfluss zu erodieren. Während chinesische Militärmanöver in der Taiwanstraße für Unruhe sorgen, wirkt Washingtons Vorgehen erratisch und eigennützig. Die USA riskieren, nicht nur Märkte, sondern auch Machtpositionen zu verlieren.
Trumps Nullsummenspiel trifft Amerika selbst
Der innenpolitische Nutzen von Trumps Zollpolitik ist fraglich. Zwar spricht sie gezielt jene Wähler im industriellen Herzen der USA an, die seit Jahren unter Abwanderung von Jobs leiden.
Doch global betrachtet konterkariert sie jede Form wirtschaftlicher Resilienz. Statt wie seine Vorgänger auf Lieferkettenvielfalt zu setzen, betreibt Trump Abschottung. Die Folge: Produktionsverlagerungen werden schwieriger, Preise steigen, Allianzen bröckeln.
Besonders drastisch zeigt sich das bei Apple, dessen Fertigung zunehmend nach Indien und Vietnam verlagert wurde – jetzt aber gleich doppelt unter Druck steht. Auch andere Branchen, von Textilien bis Mikroelektronik, geraten ins Wanken.
China wird die Lücke füllen – nicht der Westen
Die wirtschaftlichen Verwerfungen sind nur die eine Seite. Die geopolitische Signalwirkung ist die andere. Denn Chinas Position in Asien wird durch Trumps Kurs nicht geschwächt, sondern gestärkt. Peking nutzt die Gunst der Stunde, um sich als berechenbarer Partner zu inszenieren – mit langfristiger Strategie statt Zollkeule.
Auch deshalb wird in Ostasien verstärkt über Alternativen zur US-Führung nachgedacht. Ein Beitritt Chinas zum asiatisch-pazifischen Freihandelspakt CPTPP steht auf der Agenda, und sogar Südkorea zeigt sich offen. In der EU beginnt eine leise Debatte über eine neue strategische Ausrichtung in Fernost.
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