Ein Präsident unter Strom
Donald Trump ist zurück – und mit ihm die alte Frage: Wie viel Unabhängigkeit darf eine Notenbank haben, wenn der Präsident sich als CEO der Vereinigten Staaten versteht?
Schon während seiner ersten Amtszeit machte Trump keinen Hehl daraus, was er von Zinserhöhungen hält. Jetzt, in seiner zweiten Runde, geht er direkter vor: Jerome Powell, Chef der US-Notenbank, soll weg. Am liebsten sofort.
Doch selbst ein Präsident wie Trump kann nicht alles. Denn das Fed-System ist, was in Washington selten geworden ist: eine Bastion. Und Jerome Powell, konservativ, sachlich, widerständig, ist zum Symbol dieser Bastion geworden.
Zinspolitik kontra Zollpolitik
Trumps wirtschaftspolitischer Stil war stets einfach: Zölle rauf, Schulden hoch, Stimmung laut. Dass all das ökonomisch brüchig ist, wird deutlich, sobald die Konjunktur abkühlt – was sie inzwischen tut. Umso dringlicher sein Wunsch nach Zinssenkungen. Sie sollen die US-Wirtschaft stützen, Kaufkraft ankurbeln, Börsen beruhigen.
Doch Powell spielt da nicht mit. Die Fed will die Inflation unter Kontrolle bringen, nicht das politische Erbe eines Präsidenten retten. Das hat sie mehrfach klargemacht. Und genau deshalb ist Trump so nervös.
Widerstand mit Haltung
Powell bleibt bei seiner Linie. Auf die Frage, ob er zurücktreten würde, wenn Trump ihn dazu auffordere, sagt er trocken: „Nein.“ Keine pathetische Verteidigungsrede, keine Schlagworte – nur ein Satz. Einer, der in seiner Nüchternheit fast trotzig wirkt.
Die Botschaft ist klar: Eine Notenbank darf sich nicht instrumentalisieren lassen. Nicht von Märkten. Und erst recht nicht von Politikern, die sich als Patriarchen der Wirtschaft inszenieren.

Die Fed ist mehr als nur ein Leitzinsgeber
Die amerikanische Notenbank hat in der Weltwirtschaft eine einzigartige Rolle. Sie ist kein politisches Werkzeug, sondern ein Stabilitätsanker – für Dollar, für Märkte, für Vertrauen. Wer sie untergräbt, riskiert mehr als schlechte Schlagzeilen: Er gefährdet das Vertrauen in das gesamte finanzielle Fundament der USA.
Ein erzwungener Abgang Powells – aus politischem Kalkül – würde genau dieses Fundament beschädigen. Kapitalmärkte würden nervös reagieren. Investoren könnten das Vertrauen in die geldpolitische Verlässlichkeit der USA verlieren. Und das Echo wäre global.
Trump droht – doch er kennt die Grenze
Trump weiß das. Er testet Grenzen, überschreitet sie oft – aber er wittert auch Risiken. Seine öffentlich gewordene „Rückzieher“-Rhetorik zur Entlassung Powells zeigt: Hier endet selbst für ihn das politische Spiel.
Statt offener Entlassung setzt er nun auf Zermürbung. Medienkampagnen, Tweets, Andeutungen. Alles in der Hoffnung, Powell werde irgendwann selbst das Handtuch werfen. Ein Plan, der mehr über Trump verrät als über Powell: Wer die Institution nicht kontrollieren kann, versucht sie zu beschädigen.
Der gefährlichste Satz ist der unausgesprochene
Was Jerome Powell weiß – und was die Märkte spüren: Es geht nicht nur um Zinssätze. Es geht um Glaubwürdigkeit. Um Regeln, die selbst der Präsident nicht einfach außer Kraft setzen darf.
Denn wenn Geldpolitik zur Parteipolitik wird, verliert sie ihre Wirkung. Dann ist nicht nur die Federal Reserve beschädigt. Dann ist das Vertrauen in die USA als wirtschaftliches Rückgrat der Welt erschüttert. Das Risiko: eine inflationäre Welle, ein Absturz des Dollars, Unsicherheit auf allen Ebenen.
Powell bleibt. Und das ist gut so.
Dass Trump Powell bislang nicht loswird, ist keine Schwäche des Präsidenten. Es ist die Stärke der Institution. Eine seltene Nachricht in diesen Zeiten, aber eine gute.
Denn es zeigt: In der größten Volkswirtschaft der Welt gibt es noch Regeln, die halten – selbst wenn ein Präsident dagegen anschreit.
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