Ein Insolvenzfall – und ein Fall für das Weiße Haus
Trevor Milton war für viele ein Symbol des Hypes um Elektromobilität – und seiner Exzesse. Mit vollmundigen Versprechen, leeren Prototypen und einem inszenierten Werbevideo, in dem ein Lastwagen lediglich einen Hang hinunterrollte, brachte er Nikola Motor Company im Jahr 2020 an die Börse. Die Aktie explodierte, Anleger träumten vom „Tesla für Trucks“.
Drei Jahre später wurde Milton wegen Betrugs verurteilt. Und nun, keine zwei Monate nach dem Insolvenzantrag des Unternehmens, begnadigt ihn Donald Trump – persönlich.
Strafrecht als Stimmungsmache
Trump begründete die Begnadigung mit einer einfachen – und politisch aufgeladenen – Erzählung: Milton sei Opfer eines politisch motivierten Justizapparats, weil er sich öffentlich zur republikanischen Partei bekannt habe.
"Ich habe gehört, er wurde nur verfolgt, weil er mich unterstützt hat", so Trump laut offizieller Mitteilung.
Das US-Justizsystem sieht das anders. Milton wurde 2022 in mehreren Punkten einstimmig von einer Geschworenenjury schuldig gesprochen, unter anderem wegen irreführender Aussagen gegenüber Investoren.
Die Staatsanwaltschaft forderte zuletzt Schadenersatz von 661 Millionen US-Dollar – wegen massiver finanzieller Schäden, die Anleger durch bewusst gestreute Falschinformationen erlitten hätten.
Der Fall Nikola: Hoffnung, Hype, Halluzination
Nikola galt kurzzeitig als Shootingstar der E-Mobility-Branche. Die Idee: emissionsfreie Sattelschlepper mit Wasserstoff-Brennstoffzellen. Der Börsengang über ein SPAC sorgte für Aufmerksamkeit, der Marktwert stieg in der Spitze auf 29 Milliarden US-Dollar – ohne dass das Unternehmen ein fertiges Produkt vorweisen konnte.
Bereits früh zweifelten Analysten und Shortseller wie Hindenburg Research an der Substanz. Ihre Enthüllungen – unter anderem über das inszenierte Werbevideo – lösten 2020 den Absturz aus. Milton trat zurück, der Aktienkurs brach ein, Nikola verlor Investoren, Partner – und schließlich seine Existenz.

Im März 2025 beantragte das Unternehmen Insolvenz nach Chapter 11. Die Reste sollen verkauft werden, auch das Markenrecht steht zur Disposition. Bosch, mit 13,3 Millionen Dollar einer der größten Gläubiger, steht nun vor einem weiteren Abschreibungsfall. Das Projekt ist Geschichte – der Imageschaden bleibt.
Die politische Dimension
Dass Milton ausgerechnet jetzt begnadigt wird, wirkt wie ein gezieltes Signal: Trumps Begnadigungspolitik folgt weniger juristischer Logik als Loyalitätslinien. Milton hatte der Republikanischen Partei über zwei Millionen Dollar gespendet, sein Anwaltsteam steht in Verbindung zu politischen Netzwerken rund um Trumps Administration.
Die Maßnahme ist auch ein Schlag gegen den Kapitalmarkt als regulierten Raum: Ein Präsident, der verurteilte Börsenbetrüger aus parteipolitischem Kalkül rehabilitiert, stellt Grundprinzipien von Investorenschutz und Markttransparenz infrage. Für den Finanzplatz USA ist das ein riskantes Spiel mit der Glaubwürdigkeit.
Was die Märkte daraus lernen
Die Nikola-Aktie ist inzwischen wertlos. Investoren, die dem Hype glaubten, haben Millionen verloren. Dass Milton trotz Schuldspruch nun als Begnadigter dasteht, könnte in der Finanzwelt fatale Signale senden: Dass man mit den richtigen politischen Kontakten auch rechtliche Konsequenzen neutralisieren kann.
Besonders in der Tech- und Green-Tech-Welt, in der Narrative oft mehr wiegen als Bilanzen, ist Vertrauen eine Währung. Wenn dieses Vertrauen politisch untergraben wird, steigt die Skepsis – und mit ihr die Risikoprämie.
Ein Mann, eine Story – aber kein Comeback?
Ob Milton nach der Begnadigung wieder in der Startup-Szene auftaucht, ist offen. Eine Rückkehr in die erste Reihe erscheint unwahrscheinlich – zumindest aus unternehmerischer Sicht. Doch in der politischen Welt eines Donald Trump ist nichts ausgeschlossen. Milton als Märtyrer des „Deep State“ – diese Inszenierung hat Potenzial.
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