Mit der Ankündigung, reziproke Zölle einzuführen, hat Donald Trump erneut die Aufmerksamkeit der internationalen Handelsszene auf sich gezogen. Das Prinzip dahinter? Die Vereinigten Staaten beabsichtigen, überall dort Zölle zu erhöhen, wo sie im Vergleich zu ihren Handelspartnern aktuell weniger verlangen. Doch welche Konsequenzen dies haben könnte, hängt laut Experten maßgeblich von der Detailausarbeitung ab – ein Beispiel hierfür sind die oft diskutierten Autozölle.
Samina Sultan vom IW Köln betont, dass die Unterschiede in den Zollsätzen bei oberflächlicher Betrachtung in den meisten Sektoren – abgesehen von der Landwirtschaft – relativ klein sind. So erhebt die EU bei Chemikalienzöllen etwa zwei Prozentpunkte mehr als die USA, jedoch sind US-Zölle bei Textilien um 1,4 Prozent höher. Besonders signifikant wird der Unterschied bei Erdöl mit vier Prozent. Auf einer feineren Betrachtungsebene zeigen sich allerdings deutlichere Differenzen.
Autos, ein häufig zitiertes Beispiel, veranschaulichen diese Variation: Während Autos, die in die USA importiert werden, mit 2,5 Prozent besteuert werden, gelten in Europa zehn Prozent. Doch wie Rolf Langhammer vom IfW Kiel erklärt, sind die Zölle für Pickups, insbesondere in den USA, wesentlich höher. Im umfassenderen Transport Equipment Bereich beträgt der Unterschied zwischen US-Zoll mit 3,1 Prozent und EU-Zoll mit vier Prozent nur wenig.
Ein herausragender Sektor ist jedoch die Landwirtschaft, wo die EU-Zölle etwa doppelt so hoch sind wie die der USA, obwohl der Export dorthin begrenzt ist. Neben Zöllen spielen technische Standards eine wesentliche Rolle, etwa das berühmte Chlor-Hühnchen seit den TTIP-Debatten. Sultan weist darauf hin, dass lediglich 1,2 Prozent der deutschen Agrarexporte in die USA gehen. Auch Lisandra Flach vom Ifo-Institut weist auf Spitzenzölle in den USA für europäische Produkte wie Milchprodukte und Konsumgüter hin, obwohl im Durchschnitt die US-Zölle niedriger als die der EU sind.
Letztlich ist Sultan der Meinung, dass reziproke Zölle allen Beteiligten schaden würden. Sollten die USA jedoch alle Handelspartner mit höheren Zöllen belegen, wären die negativen Effekte am stärksten im Inland zu spüren, unter anderem durch eine steigende Inflation. Europa jedoch könnte weiterhin mit anderen Partnern zu alten Konditionen Handel treiben.