14. November, 2024

Finanzen

Top-Gehalt im Praktikum? So holen Bewerber mehr raus

Die Zeiten schlechter Praktikumsvergütungen könnten vorbei sein – zumindest für jene, die ihre Karten klug spielen. Welche Branchen am meisten zahlen und wie Praktikanten ihr Gehalt aufstocken können.

Top-Gehalt im Praktikum? So holen Bewerber mehr raus
Obwohl der gesetzliche Mindestlohn für freiwillige Praktika über drei Monate gilt, verdienen viele Praktikanten weniger als ihnen zusteht. Klare Verhandlungen könnten hier helfen.

Lange vorbei sind die Tage, an denen Praktikanten nur fürs Kaffeekochen zuständig waren. In einem Arbeitsmarkt, der um Nachwuchskräfte ringt, sind Praktika heute echte Chancen für Berufseinsteiger – und die können sich das auch bezahlen lassen.

Doch trotz der gestiegenen Nachfrage wird oft noch zu wenig verhandelt. Dabei gibt es klare Richtlinien und Verhandlungsstrategien, die zu besseren Gehältern führen können.

Der Unterschied: Pflichtpraktikum oder freiwillig?

Ganz entscheidend für das Gehalt ist die Frage, ob es sich um ein Pflicht- oder freiwilliges Praktikum handelt. Pflichtpraktika, die in Studienordnungen vorgeschrieben sind, fallen meist aus der Bezahlpflicht raus – und Unternehmen dürfen hier theoretisch nichts zahlen. Allerdings empfiehlt der Gesetzgeber inzwischen immerhin eine Vergütung von rund 450 Euro pro Monat.

Anders sieht es bei freiwilligen Praktika aus, die über drei Monate dauern. Hier steht den Praktikanten der gesetzliche Mindestlohn von 12,41 Euro pro Stunde zu. Doch laut dem aktuellen Future Talents Report 2023 schöpfen viele diese Möglichkeit nicht aus.

Banken, Versicherungen und die IT gehören zu den bestbezahlenden Sektoren für Praktikanten. Wer hier verhandelt, kann von den hohen Gehältern profitieren.

Im Durchschnitt kommen freiwillige Praktikanten auf etwa 1.506 Euro monatlich, oft deutlich unter ihrem gesetzlichen Anspruch. „Da bleibt viel Potenzial ungenutzt“, sagt Lara Kieninger, Karriereexpertin bei der Plattform Stepstone.

Banken, Versicherungen und IT: Wo Praktikanten besonders gut verdienen

Ein Blick in die Gehaltsberichte verschiedener Branchen zeigt: In Sektoren, die auch regulär hohe Gehälter zahlen, steigen die Chancen auf eine attraktive Praktikumsvergütung. Banken, Versicherungen und die IT-Branche führen die Liste an. Auch der Maschinenbau und die Elektroindustrie bieten oft höhere Gehälter für Praktikanten.

„Praktika in diesen Bereichen sind Gold wert“, erklärt Kieninger. „Hier lohnt es sich, beim Bewerbungsgespräch klar die eigene Arbeitskraft zu positionieren und auch über das Gehalt zu sprechen.“

Mit dem Mindestlohn als Basis können Praktikanten ihr Gehalt gezielt aufbessern: Wer den Stundensatz klug verhandelt und auf den Stundenumfang achtet, kommt schnell auf monatlich 1.866 Euro oder mehr. „Verhandeln lohnt sich hier“, sagt Kieninger, denn auch Praktikanten bringen inzwischen dringend benötigte Skills mit.


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Mehr als nur Geld: Praktika in aufstrebenden Branchen

Neben der Frage des Gehalts lohnt sich für Bewerber auch ein Blick auf wachstumsstarke Branchen. Praktika im Bereich künstliche Intelligenz, Big Data oder Cybersicherheit gelten als besonders wertvoll – Unternehmen, die in diesen Sektoren tätig sind, haben eine hohe Nachfrage nach jungen Talenten und sind bereit, attraktive Konditionen anzubieten.

Pflichtpraktika, die Teil des Studiums sind, müssen laut Gesetz nicht bezahlt werden. Doch mit einer klaren Anfrage können Praktikanten oft zumindest eine kleine Vergütung aushandeln.

„Es ist klug, schon im Praktikum den Grundstein für zukünftige Karrierewege zu legen“, rät ein Sprecher von Stepstone. Ein Praktikum in einem Bereich mit Zukunftstechnologien kann Türen öffnen, die weit über das Praktikum hinaus reichen – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels.

Wie der Blick auf Ausbildungsplätze helfen kann

Wer gezielt auf eine Festanstellung nach dem Praktikum schielt, sollte die Berufe im Auge behalten, die aktuell besonders gefragt sind.

Laut der Bundesagentur für Arbeit werden derzeit vor allem Kaufleute, Lagerlogistiker, medizinische Fachangestellte und technische Fachkräfte dringend gesucht. Viele Arbeitgeber aus diesen Bereichen bieten Praktika an, um potenzielle Mitarbeiter frühzeitig zu fördern.

„Ein Praktikum in einem Bereich mit hoher Nachfrage kann oft zum Türöffner für eine feste Anstellung werden,“ sagt Andre Stephan-Park von der Bundesagentur für Arbeit. Gerade wenn sich ein Unternehmen bei Nachwuchs schwer tut, besteht oft die Chance, nach dem Praktikum direkt übernommen zu werden.

Praktikanten, die in solchen Branchen Fuß fassen, können also mehr als nur erste Berufserfahrung gewinnen – sie können bereits Netzwerke knüpfen und wichtige Kontakte in die Arbeitswelt knüpfen.

Lebenslauf aufpolieren und Erfahrungen sammeln

Doch auch wenn eine Festanstellung nach dem Praktikum nicht direkt folgt: Ein Praktikum, egal in welchem Bereich, kann den Lebenslauf aufwerten. „Praktika sind der Beweis für Eigeninitiative und echte Arbeitserfahrung,“ sagt Kieninger.

Jede Station im Lebenslauf zeigt potenziellen Arbeitgebern, dass man bereit ist, Neues zu lernen und Verantwortung zu übernehmen – auch, wenn der Job nicht hundertprozentig zum eigenen Traumberuf passt.


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Gerade für Berufseinsteiger gilt daher: Erfahrung sammeln ist wichtiger als Perfektion. „Verschiedene Eindrücke und Kenntnisse sind heute entscheidend“, meint Kieninger. Jeder Job, jede neue Branche und jede Abteilung bringen Fähigkeiten und Wissen mit sich, die später im Berufsleben weiterhelfen können.

Chancen auf dem Praktikumsmarkt nutzen

Mit der hohen Nachfrage nach Fachkräften und den neuen Regelungen zum Mindestlohn haben Praktikanten heute eine viel stärkere Verhandlungsbasis als noch vor einigen Jahren.

Wer sich gut informiert, verhandelt und seine Branche klug wählt, kann sein Gehalt im Praktikum deutlich steigern und wertvolle Erfahrungen für die Zukunft sammeln. Ob im Bankwesen, der IT oder im technischen Bereich – die Möglichkeiten sind da. Es gilt nur, sie geschickt zu nutzen.