22. November, 2024

Environment

Tiefseebergbau belastet Quallen: Neue Studie zeigt Auswirkungen der Sedimentwolken auf den Meeresboden

Tiefseebergbau belastet Quallen: Neue Studie zeigt Auswirkungen der Sedimentwolken auf den Meeresboden

Forscher des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass der Tiefseebergbau Stress bei Quallen verursachen kann. Die Wissenschaftler testeten dabei Helmquallen, die simulierten Sedimentwolken ausgesetzt wurden. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im Fachjournal 'Nature Communications' veröffentlicht.

Beim Abbau von Rohstoffen am Meeresboden, wie beispielsweise Manganknollen, werden feine Sedimente aufgewirbelt. Diese Sedimentwolken können sich dutzende bis hunderte Kilometer ausbreiten und sowohl Tiere am Meeresboden als auch im sogenannten Pelagial, also zwischen 200 und 4000 Metern Wassertiefe, beeinträchtigen. Da sich im Pelagial üblicherweise nur wenig Sediment befindet, reagieren Tiere in dieser Zone besonders empfindlich auf die durch den Bergbau verursachten Sedimentwolken.

Besonders problematisch ist dabei, dass die Bewohner des Pelagial die Hauptnahrungsquelle vieler Fische, Tintenfische und Meeressäuger sind. Sie spielen somit eine entscheidende Rolle im marinen Nahrungsnetz. Helena Hauss vom Norwegian Research Centre (Norce) betont, dass diese Tiere sich unter weitaus stabilen Bedingungen entwickelt haben als die an der Oberfläche lebenden Tiere und daher potenziell anfälliger für sich ändernde Umweltbedingungen sind.

Das Stresslevel einer Qualle zu bestimmen, ist keine einfache Aufgabe, erklärt Geomar-Forscherin Vanessa Stenvers. Es wurden dabei Veränderungen in der Physiologie, der Genaktivität und auch bei den Mikroben auf den Tieren berücksichtigt. Der auffälligste sichtbare Effekt war die Haftung von Sedimentpartikeln auf den Quallen, woraufhin diese vermehrt Schleim produzierten.

Dieser Schleim hilft den Quallen dabei, ihr Mikrobiom stabil zu halten, erfordert jedoch gleichzeitig viel Energie und kann einen erheblichen Teil des gesamten Energiehaushalts des Tieres beanspruchen, so Stenvers. Bei einer hohen Konzentration von Sediment im Wasser erhöhte sich die Aktivität von Genen, die mit Atmung, Immunsystem und Wundheilung zusammenhängen, stark.

Stressfaktoren, die zu einem erhöhten Energieverbrauch führen, müssen durch eine erhöhte Nahrungsaufnahme kompensiert werden, so das Forschungsteam. Doch in der Tiefsee ist Nahrung meist knapp vorhanden. Somit steigt bei Sediment im Wasser das Risiko für Pelagial-Bewohner, zu verhungern.

Der kommerzielle Abbau von Rohstoffen am Boden internationaler Meere birgt Gefahren noch nicht absehbaren Ausmaßes für dortige Ökosysteme. Gespräche zum Umgang mit dem Tiefseebergbau endeten im Sommer ohne verbindliche Entscheidungen. Bei der Sitzung des Rats der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) wurde lediglich das Ziel vereinbart, im Jahr 2025 ein Regelwerk zu verabschieden.

Auch zur Entscheidung über Tiefseebergbau-Anträge, die nun erstmals bei der ISA gestellt werden können, wurde keine konkrete Lösung gefunden. Der Pazifikstaat Nauru plant in Zusammenarbeit mit dem kanadischen Konzern The Metals Company (TMC) den Abbau von Manganknollen in einer Tiefe von 4000 bis 6000 Metern. Diese Manganknollen enthalten unter anderem Rohstoffe wie Mangan, Kobalt, Kupfer und Nickel, die für die Herstellung von Batterien für Elektroautos verwendet werden könnten.

Kritiker warnen vor einer vermeidbaren Umweltkatastrophe. Viele Länder haben sich bisher noch nicht klar zum Tiefseebergbau positioniert. Die USA sind zum Beispiel kein Mitgliedstaat der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA). China hingegen signalisiert Interesse an Tiefseebergbau.