Der Industriekonzern Thyssenkrupp hat im Geschäftsjahr 2023/24 erneut einen Milliardenverlust erlitten. Trotz der erheblichen Wertberichtigungen im Stahlgeschäft und den Kosten der laufenden Restrukturierung, verzeichnete das Unternehmen einen Verlust von 1,4 Milliarden Euro. Das waren zwar 600 Millionen Euro weniger als im Vorjahr, doch die Herausforderungen bleiben beträchtlich, wie die jüngsten Unternehmenszahlen aus Essen zeigen.
Besonders das Stahl- und das Automobilgeschäft litten unter sinkender Nachfrage und niedrigeren Preisen. Während der Umsatz um sieben Prozent auf 35 Milliarden Euro fiel, sank der Auftragseingang um elf Prozent. Nur die Marinesparte konnte ein positives Wachstum verbuchen. Analyst Christian Obst von der Baader Bank begrüßte die Entwicklung von Umsatz, operativem Ergebnis und freiem Cashflow, vermisst jedoch einen klaren Kurstreiber für die Aktien, da weiterhin „Barmittel verbrannt“ werden.
Trotz der schwierigen Gesamtumstände konnte Thyssenkrupp im letzten Geschäftsquartal einen operativen Lichtblick verzeichnen: Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg im Vergleich zum Vorjahr um 72 Prozent auf 151 Millionen Euro. Der freie Mittelzufluss belief sich auf rund eine Milliarde Euro – ebenfalls ein unerwartet positiver Wert. Für das kommende Geschäftsjahr hat der Konzern ambitionierte Pläne und strebt ein positives Konzernergebnis von 100 bis 500 Millionen Euro an. Entscheidend dafür ist die erhoffte Stabilisierung in zentralen Geschäftsbereichen sowie das Transformations- und Sparprogramm. Analyst Dominic O'Kane von JPMorgan sieht den Geschäftsausblick auf Markterwartungsniveau.
Konzernchef Miguel López kündigte an, dass 2024 als ein Übergangsjahr angesehen wird, um die mittelfristigen Finanzziele zu erreichen. Im Fokus stehen die strategischen Entscheidungen für Steel Europe und Marine Systems. Nach dem kürzlichen Ausstieg des Finanzinvestors Carlyle aus dem Bieterprozess plant Thyssenkrupp, die Marinesparte eigenständig zu machen, favorisiert einen Spin-off und belässt die Tür für industrielle Partnerschaften offen. Der neue Chef des Stahlgeschäfts, Dennis Grimm, stellte in Aussicht, härtere Einschnitte als bisher geplant umzusetzen, während weiterhin Gespräche über eine staatliche Beteiligung geführt werden.
Eine strategische Neuausrichtung soll der schwächelnden Stahlsparte neues Leben einhauchen, wobei ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky angestrebt wird.