Die Zukunft der Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) scheint in Bewegung: Mehrere Interessenten aus Industrie und Politik ringen um die Übernahme der größten deutschen Marinewerft.
Vom DAX-Rüstungsriesen Rheinmetall über die Bremer Werftengruppe Lürssen bis hin zur Bundesregierung selbst: Die Bieter haben unterschiedliche Vorstellungen – und das Rennen um die strategisch wichtige Sparte ist weit offen.
Ein Schlüssel zur Landesverteidigung
TKMS steht für hochmoderne U-Boot-Technologie, die nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für internationale Partner wie Norwegen und Israel essenziell ist. Für die Bundesregierung bleibt das Unternehmen ein sicherheitspolitischer Eckpfeiler.
Deshalb scheiterte bereits der geplante Verkauf an den US-Investor Carlyle am Widerstand aus Berlin – zu hoch war das Risiko, die Kontrolle über eine Schlüsseltechnologie zu verlieren.
Nun tritt der Bund selbst als potenzieller Käufer auf den Plan. Eine Absichtserklärung für ein Engagement liegt laut Insidern bereits vor. Ziel sei es, die Marineaktivitäten langfristig zu sichern und strategische Partnerschaften weiter auszubauen. Der Druck auf eine schnelle Lösung wächst, denn die Bundestagswahl im Februar könnte die politischen Karten neu mischen.
Wer sind die Hauptinteressenten?
Rheinmetall gilt als Favorit unter den Bietern. Deutschlands größter Rüstungskonzern will seine Aktivitäten gezielt auf den Marinebereich ausweiten. „Ein Schulterschluss mit TKMS würde Rheinmetall in die erste Liga globaler Rüstungshersteller katapultieren“, heißt es aus Branchenkreisen.
Vorstandschef Armin Papperger peilt langfristig eine Verdopplung des Konzernumsatzes an. Rheinmetall bringe nicht nur das Kapital, sondern auch die notwendige Expertise für dringend benötigte Investitionen in die Werftensparte mit.
Die Bremer Lürssen-Gruppe verfolgt dagegen einen anderen Kurs: Das Unternehmen möchte vor allem seine eigene Position stärken, ohne die führende Rolle zu übernehmen. Ein Zusammenschluss mit TKMS wäre denkbar, vorausgesetzt, Lürssen bliebe Juniorpartner in einem größeren Verbund. Parallel plant das Familienunternehmen den Fokus auf den weniger riskanten Bau von Megajachten zu legen.
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Politische Hürden und strategische Überlegungen
Ein Verkauf an Rheinmetall würde die deutsche Rüstungslandschaft nachhaltig verändern. Kritische Stimmen in der Politik befürchten bereits ein „übermächtiges“ Rheinmetall, das schwer zu kontrollieren wäre. Dennoch könnte eine Lösung mit Rheinmetall den Betrieb der Standorte und die Beschäftigung der 8.000 TKMS-Mitarbeiter langfristig sichern.
Auch der Elektronikkonzern Hensoldt mischt mit – wenn auch mit einem klar begrenzten Interesse. Hensoldt will vor allem die margenstarke Atlas-Sparte übernehmen, die für hochpräzise Marineelektronik bekannt ist. Ein Komplettkauf von TKMS kommt für das Unternehmen nicht infrage.
Aufträge als entscheidender Hebel
Der Zeitpunkt für den Verkauf könnte kaum besser sein: Noch in dieser Woche will der Bundestag die Bestellung von vier U-Booten und neuen Fregatten freigeben. Der Auftrag hätte ein Volumen von mehreren Milliarden Euro und würde die Attraktivität von TKMS für Investoren erheblich steigern. Rheinmetall und Lürssen haben bereits signalisiert, dass sie ohne feste Aufträge keine Zusage machen würden.
Ein Vertreter der Bundesregierung fasst es so zusammen: „Alle wollen uns als Staat dabeihaben.“ Ein klares Zeichen, dass der Bund die Zügel nicht aus der Hand geben will.
Börsengang: Ein Szenario mit Risiken
Parallel hält sich Thyssen-Krupp die Option einer Abspaltung mit anschließendem Börsengang offen. Doch dieses Szenario stößt auf Skepsis: Die Veröffentlichung von Risikoberichten, wie sie bei einem Börsengang vorgeschrieben sind, könnte potenzielle Kunden verunsichern. Israel, ein wichtiger Partner, lehnt eine solche Lösung klar ab.
Wie geht es weiter?
Der Bieterprozess wird in den kommenden Wochen an Fahrt aufnehmen. Ob der Zuschlag an Rheinmetall, Lürssen oder den Bund selbst geht, bleibt offen. Klar ist jedoch: Eine Lösung muss her – nicht nur für Thyssen-Krupp, sondern auch für die strategische Sicherheit Deutschlands.
Ein Kommentar aus der Branche bringt es auf den Punkt: „Der Verkauf von TKMS ist nicht nur eine Frage der Wirtschaftlichkeit, sondern auch der Verteidigungsfähigkeit unseres Landes. Hier geht es um mehr als nur Zahlen.“