Demi Moore spielt in dem neuesten Film The Substance die Hauptrolle, eine komplexe Mischung aus düsterem Sci-Fi, greller Märchenwelt und Enthüllungsgeschichte der Unterhaltungsindustrie. Unter der Regie von Coralie Fargeat bietet der Streifen eine kraftvolle, wenn auch beklemmende Erfahrung.
Bereits die Eröffnungsszene zieht in den Bann: Der Name von Moore's Charakter, Elisabeth Sparkle, erstrahlt auf dem Hollywood Boulevard Walk of Fame. Doch der Glanz verblasst rasch - durch Fußstapfen und Ketchup-getränkte Unachtsamkeit. Der wirtschaftlich inszenierte Beginn hätte allein stehen können, hätte die Regisseurin nicht mehr in petto gehabt.
Elisabeth, einst ein Star, moderiert nun eine TV-Fitnessshow, die ihr feierliches, aber bescheidenes Berufszwischenstadium darstellt. Doch an ihrem 50. Geburtstag wird sie vom Produzenten, gespielt von Dennis Quaid, entlassen. Ihre Zeit sei einfach vorbei.
In das mysteriöse grüne Elixier eingeführt, durchlebt Elisabeth eine schockierende Transformation: eine jüngere Version von sich selbst, von Margaret Qualley dargestellt, bricht aus ihrem Körper hervor. Nun wechseln sich beide Schauspielerinnen ab, während Qualley die TV-Show übernimmt. Die Inszenierung und die kreativen Anspielungen an Werke wie Das Bildnis des Dorian Gray und Requiem for a Dream bleiben unvergessen.
In Fargeats Debüt Revenge wurde Gewalt gegen Frauen zum Motor einer hektischen, aber kraftvollen B-Movie-Erzählung. In The Substance verleiht Wut den visuellen Extravaganzen Flügel. Die Bösen sind dieses Mal die grauen Unternehmensaktionäre, jedoch wird das eindringlichste Denken für Elisabeths eigenen internalisierten Sexismus aufgespart. Ein Krieg zwischen den beiden Versionen des Charakters entfacht: Selbstverachtung in fleischgewordener Form.
Die Besetzung von Demi Moore in diesem schonungslosen Sunset Boulevard ist ein beeindruckender Schachzug. Die Parallelen zwischen Charakter und Schauspielerin sind offensichtlich: ein ehemaliger Blockbuster-Star, der im mittleren Alter in Vergessenheit geriet. Doch auch Margaret Qualley bringt den Mut auf, eine so stachelige Rolle über die Karriere von Frauen in Hollywood früh in ihrer eigenen Laufbahn zu spielen.
Warum hinterlässt The Substance dennoch ein Gefühl des Überdrusses? Es mag der Zeit geschuldet sein. Eine ständige Wiederholung großer, überdeutlicher Botschaften führt zur Abstumpfung. Je länger der Film läuft, desto mehr fallen die Schwächen auf. Während einerseits Schönheitsstandards als grausam dargestellt werden, schaudert es einen andererseits vor den Körpern älterer Frauen - aus Gründen, die hier nicht verraten werden sollen.
Das jüngere Publikum scheint ebenfalls nicht überzeugt. Ein 18-jähriger Zuschauer zuckte nach der Vorstellung nur mit den Schultern. Eine Satire über den männlichen Blick, die so viele junge Frauen beim Twerken zeigt, könnte leicht das widerspiegeln, was sie kritisieren soll. Am Ende bleibt: Die Jugend überflügelt uns alle.