13. September, 2024

Politik

Telegram-Chef Durov in Paris festgenommen: Streit um Moderationspflichten

Telegram-Chef Durov in Paris festgenommen: Streit um Moderationspflichten

Der Chef des Messenger-Dienstes Telegram, Pavel Durov, wurde in Frankreich verhaftet. Der aus Russland stammende Milliardär wurde Samstagabend am Flughafen Paris-Le Bourget bei seiner Ankunft aus Aserbaidschan festgenommen. Französische Medien wie TF1 und AFP berichten, dass der Haftbefehl mit einer Untersuchung zusammenhängt, ob mangelnde Moderation auf der Plattform kriminelle Aktivitäten wie Terrorismus, Drogenhandel, Geldwäsche und Kindesmissbrauch gefördert habe. Durov soll am Sonntag vor Gericht erscheinen.

Die Reaktionen in Russland ließen nicht lange auf sich warten. Vladislav Davankov, stellvertretender Vorsitzender der Staatsduma, wandte sich an Außenminister Sergei Lawrow mit der Forderung, Durovs Freilassung zu erwirken. Auf seinem Telegram-Kanal äußerte Davankov die Vermutung, die Festnahme könne politisch motiviert sein und darauf abzielen, persönliche Daten der Telegram-Nutzer zu erlangen.

Andrey Klishas, Vorsitzender des Ausschusses für Verfassungsrecht des russischen Föderationsrats, kommentierte die französische Aktion sarkastisch und bezeichnete sie als "Kampf für Meinungsfreiheit und europäische Werte". Das russische Konsulat in Frankreich hat um konsularischen Zugang zu Durov gebeten, bislang jedoch keinen Antrag von Durovs Vertretern erhalten.

Telegram, 2013 gegründet, hat sich in den letzten Jahren als wichtiges Kommunikationstool für globale Führungskräfte und in geopolitischen Krisensituationen etabliert. Mit fast einer Milliarde Nutzern zählt die Plattform inzwischen zu den beliebtesten Messenger-Diensten und rivalisiert mit WhatsApp von Meta. Doch Durovs Fokus auf Privatsphäre und Widerstand gegen Zensur hat auch Kritik auf sich gezogen. Experten warnen, dass die Plattform ein Paradies für Kriminelle und Hacker geworden sei.

Die Festnahme Durovs wird die globale Debatte über die Rolle von Social-Media-Plattformen im Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und strenger Kontrolle der Inhalte weiter anheizen. Fragen nach der persönlichen Haftung von Führungskräften in solchen Fällen stehen dabei ebenfalls im Raum.

Der Vorfall löste sofort eine Welle der Entrüstung unter Verfechtern der Meinungsfreiheit aus. Elon Musk, Eigentümer von X und überzeugter Befürworter uneingeschränkter Meinungsfreiheit, schrieb auf seiner Plattform: "Es ist 2030 in Europa und du wirst für das Liken eines Memes hingerichtet". Musk hat sich bereits in der Vergangenheit mit europäischen und britischen Politikern auseinandergesetzt, die ihm vorwarfen, seine Plattform nicht ausreichend zu moderieren.

Durov, der für seine schwarzen Outfits und extremen Gesundheitsrituale bekannt ist, wurde einst als "Russlands Mark Zuckerberg" gefeiert, nachdem er 2007 das soziale Netzwerk VKontakte mitbegründet hatte. Doch 2014 verließ er Russland und verkaufte das Unternehmen, nachdem er sich weigerte, Daten bestimmter Nutzer an den russischen Geheimdienst weiterzugeben. Anschließend finanzierte Durov Telegram mit einem Kryptowährungs-Vermögen und ließ sich in Dubai nieder, das er als "neutral" bezeichnet. Er besitzt heute die Staatsbürgerschaften von Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Kritiker behaupten, dass der Kreml weiterhin Einfluss auf Telegram haben könnte, obwohl Durov wiederholt seine Unabhängigkeit betont hat. Dmitri Medwedew, ehemaliger russischer Präsident und heute einflussreicher rechter Kommentator, schrieb auf Telegram, dass Durov immer noch als "unberechenbarer und gefährlicher Russe" angesehen werde.

In einem Interview mit der Financial Times verteidigte Durov kürzlich seine "hands-off" Methode zur Inhaltsmoderation, obwohl er in der Vergangenheit auf öffentlichen Druck reagiert hatte, indem er terroristische Gruppen und extremistische Inhalte entfernte. In Spanien hatte ein Gericht Anfang dieses Jahres eine vorübergehende Blockade der App angewiesen, aufgrund von Untersuchungen zu illegalem Inhalt mit Urheberrechten.

Angesichts dieser Herausforderungen bleibt abzuwarten, wie Telegram und Durov die Balance zwischen Meinungsfreiheit und verantwortlicher Moderation finden werden.