Drei Monate nach dem Sturz des ehemaligen syrischen Machthabers Baschar al-Assad befindet sich Syrien inmitten neuer Gewaltausbrüche, die die Hoffnungen auf Stabilität vorerst zunichtemachen. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind umfangreiche Auseinandersetzungen ausgebrochen, bei denen schätzungsweise über 1.000 Menschen ums Leben kamen, darunter mindestens 830 Zivilisten. Besonders betroffen ist die alawitische Minderheit, die von den Sicherheitskräften der islamistischen Übergangsregierung attackiert wurde. Offizielle Opferzahlen liegen von der Übergangsregierung bislang nicht vor, doch gelten die Berichte der in London ansässigen Beobachtungsstelle meist als zuverlässig. Die alawitische Religionsgemeinschaft, der auch der geflüchtete Ex-Präsident Assad angehört, gerät nun vermehrt unter Druck. Präsident Ahmed al-Scharaa bezeichnete die jüngsten Entwicklungen als "erwartete Herausforderungen" und rief zur Einheit und friedlichem Zusammenleben auf. Er versprach harte Maßnahmen gegen diejenigen, die das Blutvergießen verursacht haben, und kündigte eine unabhängige Untersuchung der jüngsten Vorfälle an. Die Unruhen begannen am Donnerstag mit Angriffen in der Nähe der Küstenstadt Dschabla, bei denen bewaffnete Anhänger des früheren Assad-Regimes involviert waren. Die Übergangsregierung reagierte mit einer Verstärkung ihrer militärischen Präsenz in der Region und setzte schweres Gerät ein. Berichten zufolge wurden zahlreiche Anwohner, darunter Frauen und Kinder, Opfer dieser Eskalation. Unter den Alawiten herrschen derzeit Angst und Verunsicherung, da zahlreiche Übergriffe registriert wurden. Während einige Beobachter die Vorfälle als gezielte Provokation sehen, um einen Bürgerkrieg auszulösen, steht die Übergangsregierung unter dem Druck, Stabilität wiederherzustellen und die Bevölkerung zu schützen. Die EU hat indessen die Angriffe auf die Übergangsregierung verurteilt und mahnt zum Schutz der Zivilbevölkerung. Durch die jüngsten Ereignisse sind die Hoffnungen auf eine Wiederannäherung an die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Europäische Union, getrübt. Forderungen der Übergangsregierung nach einer Aufhebung der Sanktionen erscheinen nun fraglich.
Politik
Syrien am Scheideweg: Gewaltwelle sorgt für erneute Instabilität
