29. Dezember, 2024

Healthcare

Sucht im Luxus: Eine Nacht in der Klinik der Superreichen

Ein Aufenthalt in der Kusnacht Practice kostet mindestens 600.000 Euro. Doch trotz goldener Wasserhähne, Privatköchin und Butler eint die Patienten ein Gefühl: tiefe Einsamkeit. Was hinter den Mauern der exklusivsten Suchtklinik der Welt passiert – ein persönlicher Einblick.

Sucht im Luxus: Eine Nacht in der Klinik der Superreichen
Viele der Superreichen kämpfen mit Vertrauen und sozialer Isolation. Die Klinik bietet maßgeschneiderte Therapieprogramme, aber echte Nähe bleibt eine Herausforderung.

Der schwarze Mercedes mit WLAN, Ledersitzen und Chauffeur gleitet durch die Villenviertel der Zürcher Goldküste. Ein elektrisches Tor öffnet sich lautlos, der Wagen rollt eine private Auffahrt hinauf. „The Mansion“ steht auf der Tür – keine gewöhnliche Klinik, sondern die Kusnacht Practice.

Hierher kommen russische Oligarchen, Hollywoodstars und arabische Scheichs, um ihre Suchtprobleme zu behandeln. Alkohol, Drogen, Sex, sogar Essstörungen: Luxus und Status schützen nicht vor inneren Dämonen.

Der Chauffeur hält vor einem Gebäude, das wie ein Boutique-Hotel aussieht. Es hat vier Stockwerke, einen glitzernden Pool, ein Massagestudio und eine Küche mit einer Grillplatte, wie man sie sonst in Tokio findet.

Doch die Atmosphäre ist kühl. „Viele Patienten hier leiden an Einsamkeit“, sagt László Ürögi, der Leiter der Psychiatrie. „Sie haben alles – und trotzdem nichts.“

Luxus als Therapieansatz

Die Patienten in der Kusnacht Practice sind nicht wie in gewöhnlichen Suchtkliniken untergebracht. Sie leben in großzügigen Villen, abgeschirmt von der Außenwelt und streng bewacht. Jeder Bewohner hat ein Team aus Butler, Therapeut, Privatkoch und Living Counselor – einem Assistenten, der rund um die Uhr an ihrer Seite ist.

Die Anonymität der Patienten ist oberstes Gebot. „Diskretion ist unsere Geschäftsgrundlage,“ sagt Eduardo Greghi, der Klinikleiter. „Unsere Klienten können nicht einfach in ein normales Krankenhaus gehen. Für sie gibt es keinen Schutz vor öffentlicher Neugier.“

Zu den prominentesten Gerüchten gehört, dass der verstorbene Sänger George Michael hier behandelt wurde. Bestätigen will das niemand. „Viele unserer Kunden möchten sich in aller Ruhe auf ihre Genesung konzentrieren, ohne Schlagzeilen zu produzieren,“ erklärt Greghi.

Ein Aufenthalt in der Kusnacht Practice kostet mindestens 600.000 Euro. Trotz Luxus und Privatsphäre bleibt die Therapie für viele ein langer Weg zur Heilung.

Warum Luxus allein nicht heilt

Die Patienten kommen mit einem breiten Spektrum an Problemen: Alkoholismus, Kokainsucht, Burn-out, Depressionen. Was die Ärzte herausfinden, geht jedoch tiefer. „Häufig haben unsere Patienten schlechte Erfahrungen in Beziehungen gemacht,“ sagt Ürögi.

Viele Superreiche würden ausgenutzt – und wüssten nicht, ob sie wegen ihres Geldes oder ihrer Persönlichkeit gemocht werden. „Das macht sie misstrauisch und isoliert sie noch mehr.“

Ein Patient sei mit der Erwartungshaltung angekommen: „Repariert mich!“ Doch so funktioniert Therapie nicht. „Wir müssen erst Vertrauen aufbauen. Das braucht Zeit,“ erklärt Ürögi.

Die Behandlung umfasst Gesprächstherapien, körperliche Fitness und ganzheitliche Ansätze, etwa zur Ernährung oder Stressbewältigung. Die Ärzte arbeiten eng mit Physiotherapeuten, Psychologen und Naturheilkundlern zusammen.

Ein Tag im Leben der Superreichen

Ein typischer Aufenthalt in der Kusnacht Practice beginnt früh. Der Tag ist durchgeplant: Yoga-Sitzungen, Gespräche mit Therapeuten, Gesundheitschecks und Übungen zur Achtsamkeit.

Die Patienten essen gesund – glutenfrei, zuckerarm, auf Wunsch vegan. Sie verbringen viel Zeit in ihren Villen, die mit Designer-Möbeln und Kunstwerken ausgestattet sind. Doch trotz des Luxus bleibt ein Problem: die Einsamkeit.

„Einsamkeit ist der größte Feind unserer Patienten,“ sagt Living Counselor Giovanni. Er begleitet seine Klienten bei jedem Schritt, organisiert Ausflüge, Museumsbesuche oder sogar Hundegeburtstagsfeiern.


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Doch selbst er kann die innere Leere oft nicht füllen. „Reich sein bedeutet oft, keinen echten Kontakt zu haben. Viele unserer Klienten haben keine echten Freunde.“

Die Therapie der Zukunft?

Klinikleiter Greghi hat große Pläne. Er möchte das Angebot erweitern, etwa mit Programmen zur Langlebigkeit oder für Angehörige. Doch der Fokus bleibt auf der Suchtbekämpfung. „Unsere Stärke ist die Individualität,“ sagt er. „Jeder Patient bekommt eine maßgeschneiderte Therapie.“

Die Kosten seien dabei relativ. „Eine Nacht in einer Luxussuite in Paris kann teurer sein als unser Angebot,“ betont Greghi. Doch Kritiker werfen der Klinik vor, Reichen für hohe Summen ein gutes Gefühl zu verkaufen. „Wir bieten mehr als nur Komfort,“ entgegnet Greghi. „Hier geht es um echte medizinische Qualität.“