28. März, 2025

Wirtschaft

Subvention auf Subvention – Wie die Politik Milliarden verfeuert

Ehepaare, Pendler, Rentner, Autofahrer: Mit neuen Förderideen wollen Union und SPD politisch punkten. Doch viele Programme konterkarieren sich gegenseitig – und kosten den Staat doppelt. Warum das niemand offen anspricht.

Subvention auf Subvention – Wie die Politik Milliarden verfeuert
Subvention auf Subvention: Die neue Förderrunde ersetzt keine alte, sie ergänzt sie. Die Steuerzahler zahlen die Rechnung.

Förderpolitik nach dem Gießkannenprinzip

Es klingt nach politischer Fürsorge, ist aber vor allem teuer: Union und SPD planen eine ganze Reihe neuer Anreize – steuerfreie Zuschläge für Teilzeitkräfte, eine sogenannte Aktivrente für Ältere, neue Kaufprämien für Elektroautos, höhere Pendlerpauschalen. Das alles kostet. Geschätzt mehrere Milliarden Euro – jedes Jahr.

Was dabei untergeht: Viele dieser neuen Maßnahmen gleichen exakt die Effekte älterer Fördermechanismen aus. Statt Fehlanreize zu korrigieren, wird mit noch mehr Geld gegengesteuert. Die Folge: Ein staatliches Fördersystem, das teurer ist als nötig – und in Teilen widersprüchlich.

Ehegattensplitting: Bleibt, kostet, blockiert

Am deutlichsten zeigt sich das beim Thema Arbeit. Mit steuerlichen Zuschüssen will die neue Regierung Teilzeitkräfte motivieren, mehr Stunden zu leisten. Doch das eigentliche Problem bleibt unangetastet: das Ehegattensplitting.

Jahr für Jahr entgehen dem Staat durch das Modell bis zu 28 Milliarden Euro. Und noch immer gilt: Je weiter die Einkommen in einer Ehe auseinanderliegen, desto größer ist der steuerliche Vorteil – ein klarer Anreiz gegen Zweitverdienste. Vor allem Frauen reduzieren deshalb ihre Arbeitszeit oder steigen gar nicht erst in den Beruf ein.

Die Wirtschaftsweisen fordern seit Jahren eine Reform. Vergeblich. Stattdessen gibt es jetzt einen neuen Anreiz obendrauf – steuerfreie Prämien, wenn Teilzeitkräfte mehr arbeiten. Das Grundproblem wird dabei elegant umgangen. Kostenpunkt: unklar, aber sicher im Milliardenbereich.

Wer CO₂ spart, zahlt mehr – aber bekommt es über die Pendlerpauschale zurück. Eine Steuerpolitik mit eingebauter Rückfahrkarte.

Rente mit 63: Der Widerspruch in Zahlen

Auch bei der Alterssicherung zeigt sich das gleiche Muster. Mit der „Aktivrente“ will die Regierung Menschen motivieren, über das gesetzliche Rentenalter hinaus zu arbeiten. Wer es tut, soll bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei verdienen dürfen. Damit soll Fachkräftemangel abgefedert und die Alterung der Gesellschaft abgefedert werden.

Doch die politisch gewollte Rente mit 63 – mittlerweile faktisch bei 64,5 Jahren – bleibt bestehen. Wer 45 Beitragsjahre nachweist, kann früh und ohne Abschläge gehen. 2,15 Millionen Menschen nutzen diese Möglichkeit bereits. Die Ausgaben: monatlich rund 3,5 Milliarden Euro.

Das System fördert frühzeitigen Ausstieg – und belohnt zugleich längeres Arbeiten. Die entstehenden Mehrkosten finanzieren dieselben Steuerzahler, deren Beiträge ohnehin schon für eine alternde Bevölkerung reichen müssen.

Diesel-Förderung vs. E-Auto-Prämie

In der Verkehrspolitik ist das Muster besonders offensichtlich. Noch immer ist Diesel gegenüber Benzin steuerlich bevorzugt – mit rund 18 Cent pro Liter. Der Staat verzichtet damit auf Einnahmen in Milliardenhöhe. Allein bei privat genutzten Fahrzeugen beläuft sich der Steuervorteil laut Studien auf 2,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Gleichzeitig plant die Regierung eine neue Kaufprämie für Elektrofahrzeuge – ebenfalls mit geschätzten Kosten von rund zwei Milliarden jährlich. Man subventioniert also weiterhin den Kauf und Betrieb eines Verbrenners – und gleichzeitig den Umstieg auf dessen Alternative.

Vorschläge, das Dieselprivileg abzubauen, liegen vor – sogar aus den Reihen der SPD. Doch durchsetzen konnte sich bislang niemand. Stattdessen wird der Markt weiter verzerrt.

CO₂-Preis rauf, Pendlerpauschale auch

Ähnlich widersprüchlich ist die Logik bei der CO₂-Bepreisung. Wer mehr Emissionen verursacht, soll mehr zahlen – ein marktwirtschaftlicher Ansatz mit ökologischem Ziel. Doch damit Autofahrer die zusätzlichen Tankkosten besser verkraften, will die Regierung die Pendlerpauschale erhöhen – um zehn Cent pro Kilometer.

Was damit entsteht, ist kein Anreiz zur Verhaltensänderung, sondern ein Ausgleich auf Kosten aller. Zwei Milliarden Euro jährlich kostet die Pauschalen-Erhöhung laut DIW. Am Ende wird damit genau das abgeschwächt, was durch die CO₂-Bepreisung eigentlich erreicht werden sollte: weniger klimaschädliches Verhalten.

Die Systemfrage, die niemand stellt

Was all diese Maßnahmen verbindet: Sie behandeln Symptome, nicht Ursachen. Bestehende Fehlanreize bleiben bestehen. Neue Förderungen kommen obendrauf. Die staatliche Subventionslandschaft wird komplexer, teurer – und in vielen Fällen ineffizienter.

Was fehlt, ist eine ehrliche Bilanz: Welche Fördermaßnahmen haben ihren Zweck erfüllt? Welche widersprechen sich? Welche könnten wegfallen, wenn andere angepasst würden?

Experten wie Monika Schnitzer oder Martin Werding liefern seit Jahren konkrete Reformvorschläge – etwa eine moderate Reform des Ehegattensplittings, höhere Abschläge bei früherem Renteneintritt, eine Steueranpassung für Diesel. Doch politisch fehlt der Wille, an bestehende Vergünstigungen heranzugehen. Lieber wird neu verteilt.

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