Das jüngst von der FDP veröffentlichte Dokument gibt einen eindrucksvollen Einblick in die strategischen Überlegungen der Partei, einen Austritt aus der Ampel-Koalition zu erwägen. Das achtseitige Papier, das zunächst durch die Berichterstattung von Table.briefings ans Licht kam, untersucht detailliert den "idealen Zeitpunkt" für einen möglichen Ausstieg. Überraschenderweise deckt sich die kalkulierte Planung mit der tatsächlichen Entlassung von FDP-Chef Christian Lindner als Finanzminister am 6. November.
Das Dokument unter dem Titel "D-Day Ablaufszenarien und Maßnahmen" analysiert Risiken und potenzielle Hindernisse, die mit dem Ausstieg einhergehen könnten, wie die Überschneidung mit der US-Präsidentschaftswahl oder parteipolitische Ereignisse. Ein vorbereitetes Statement von Lindner skizziert die Hauptbotschaft der FDP: Die fundamentalen wirtschaftspolitischen Differenzen zwischen der Partei und den Koalitionspartnern SPD und Grünen seien unüberbrückbar, und Neuwahlen sollten den Bürgern die Möglichkeit geben, über die Zukunft Deutschlands zu entscheiden.
Die Partei bezeichnet das Dokument als ein rein internes Arbeitspapier, erstellt vom Bundesgeschäftsführer der Partei im Oktober und veröffentlicht in seiner letzten Fassung im November. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai wehrt sich gegen Vorwürfe der Skandalisierung und betont die Notwendigkeit der Vorbereitung auf alle Szenarien in einem politisch angespannten Herbst.
Die Veröffentlichung des Dokuments hat die Diskussion um die Ursachen und Akteure des Koalitionsbruchs erneut angefacht. Die "Zeit" hatte zuvor mit einer Recherche über den "kalkulierten Bruch" die Debatte angeheizt. Demnach wurden in der FDP-Spitze bereits seit Ende September verschiedene Szenarien durchgespielt, die schließlich zum Bruch der Koalition führten.