23. September, 2024

Wirtschaft

Strategischer Wendepunkt im Übernahmekampf: Unicredit sichert sich verstärkt Anteile an Commerzbank

Strategischer Wendepunkt im Übernahmekampf: Unicredit sichert sich verstärkt Anteile an Commerzbank

Die italienische Großbank Unicredit hat überraschenderweise ihre Beteiligung an der deutschen Commerzbank erheblich ausgebaut und besitzt nun rechnerisch rund ein Fünftel der Aktien. Diese Kehrtwende im Übernahmekampf könnte zu einem offiziellen Übernahmeangebot führen, wenngleich der Bund keine weiteren Anteile der Commerzbank verkaufen möchte. Das löste im späten Handel einen Kursverlust der Commerzbank-Aktie von 5,7 Prozent aus.

Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte in New York deutliche Kritik an dem Vorgehen von Unicredit. Scholz betonte, dass "unfreundliche Attacken" und "feindliche Übernahmen" nicht im Interesse der Bankenlandschaft seien. Die Bundesregierung und die Gewerkschaft Verdi teilt diese Ansicht. Stefan Wittmann, Gewerkschaftssekretär und Commerzbank-Aufsichtsrat, nannte den Schritt der Unicredit "aggressiv".

Unicredit konnte durch den Einsatz von Finanzinstrumenten weitere 11,5 Prozent der Commerzbank-Anteile erwerben und hält damit einschließlich dieser Instrumente ungefähr 21 Prozent. Dies würde Unicredit zum größten Aktionär der Commerzbank machen, noch vor dem Bund, der derzeit 12 Prozent der Anteile hält. Die endgültige Abwicklung hängt jedoch von der Genehmigung der Aufsichtsbehörden ab.

Zusätzlich beantragte Unicredit die Erlaubnis, ihren Anteil auf bis zu 29,9 Prozent zu erhöhen. Die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) muss darüber entscheiden. Ein Anteil von 30 Prozent würde Unicredit zu einem öffentlichen Übernahmeangebot verpflichten.

Unicredit-Chef Andrea Orcel hatte vergangene Woche zwar betont, dass keine feindliche Übernahme angestrebt werde, aber die jüngsten Schritte lassen anderes vermuten. Sollte der Anteil weiter erhöht werden, könnte dies den Druck auf die Unabhängigkeit der Commerzbank erhöhen.

Der Bund zeigte sich indes wenig kooperativ und will seine verbliebenen Anteile "bis auf Weiteres" halten. Die Ad-hoc-Beschlüsse aus Mailand werden von der Bundesregierung als überfallsartig empfunden. Die Commerzbank betonte, dass der Vorstand weiterhin im Sinne der Stakeholder agieren werde.

Die Unicredit, deren Börsenwert über 60 Milliarden Euro beträgt, könnte eine Übernahme der Commerzbank, die mit rund 18 Milliarden Euro bewertet wird, finanziell tragen. Eine Fusion würde einen neuen europäischen Bankenriesen schaffen. Dies beunruhigt die Gewerkschaft Verdi und den Gesamtbetriebsrat der Commerzbank, die massive Arbeitsplatzverluste befürchten – bis zu zwei Drittel der Stellen könnten wegfallen, so Uwe Tschäge, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats.

Bereits bei der Übernahme der HypoVereinsbank im Jahr 2005 zeigte sich ein drastischer Stellenabbau. Orcel wirbt dennoch für die Vorteile einer Fusion und argumentiert, dass eine profitable Commerzbank für alle Beteiligten von Nutzen wäre.