In den laufenden Koalitionsverhandlungen in Österreich verzeichnen die rechte FPÖ und die konservative ÖVP weiterhin erhebliche Differenzen bei außenpolitischen und rechtsstaatlichen Angelegenheiten. "Wir haben noch viele Themen zu klären", bemerkte Christian Stocker, der Vorsitzende der ÖVP. Besonders in den Bereichen, in denen es darum geht, Österreichs Position in der Europäischen Union sowie die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit zu definieren, stehen die Parteien vor beträchtlichen Hürden.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen erhielt von den Parteichefs Christian Stocker und Herbert Kickl persönliche Berichte über den aktuellen Stand der Verhandlungen. Im Gegensatz zu Stocker zog sich Kickl zurückhaltend bei inhaltlichen Äußerungen, betonte jedoch gegenüber dem ORF, dass die Gespräche keineswegs gescheitert seien. Der Bundespräsident selbst äußerte sich nach den Treffen mit den Parteichefs vorerst nicht öffentlich über das weitere Vorgehen.
Die kritischen Themen umspannen auch die EU-Mitgliedschaft und die Haltung gegenüber Russland. Die FPÖ zeigt sich skeptisch gegenüber der EU und lehnt Sanktionen gegen Russland ab. Stocker wiederum unterstrich, dass Fragen rund um Österreichs Rolle als verlässlicher Partner in der EU und die "Souveränität und Unabhängigkeit von Russland" weiterhin intensiv diskutiert werden müssen.
Vorbereitungen für ein möglicherweise unerfreuliches Ende der Gespräche laufen parallel. Spitzenpolitiker der SPÖ, Grünen und Neos haben ihre Bereitschaft signalisiert, verschiedene Alternativszenarien zu unterstützen, sollten die Gespräche scheitern. Die Optionen reichen von der Unterstützung einer ÖVP-Minderheitsregierung bis hin zur Zusammenarbeit mit einer Expertenregierung. Seit der Parlamentswahl im Herbst 2024 hat sich die Regierungsbildung auf über 130 Tage gedehnt, was einen neuen Rekord markiert. Sollte es zu keiner Einigung kommen, könnte es im Frühsommer zu Neuwahlen kommen - ein Szenario, dem die FPÖ gelassen entgegenblickt. Nach Meinungsforschern könnte die Partei aktuell 35 Prozent der Stimmen erreichen, gegenüber 29 Prozent im letzten Herbst.