Die frühere Oberstaatsanwältin und jetzige Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende, Anne Brorhilker, bleibt skeptisch bezüglich der Auswirkungen der Gesetzesänderungen im Bereich der illegalen Aktiendeals. Trotz der Reformen nach dem großen Cum-Ex-Skandal, der von 2006 bis 2011 tobte, glaubt sie, dass solche Steuerbetrugspraktiken nach wie vor ein gravierendes Problem darstellen. Die Cum-Ex-Affäre gilt als der größte Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik. Banken und Investoren manipulierten den Aktienhandel um den Dividendenstichtag herum, um sich Steuern erstatten zu lassen, die sie nie gezahlt hatten. Obwohl die Regierung 2012 mit Gesetzesänderungen reagierte, ist laut Brorhilker der Steuerbetrug keineswegs ausgerottet. So berichtet sie von einer Stiftung, die 2016 noch in solche Deals involviert gewesen sein soll. Brorhilker äußerte sich auch zu den sogenannten Cum-Cum-Deals, einer verwandten Form der Steuerumgehung, und schätzt die Wahrscheinlichkeit hoch ein, dass beide Geschäftsarten noch immer praktiziert werden. Während viele glauben, dass veränderte technische Rahmenbedingungen solche Deals nunmehr unmöglich machen, widerspricht Brorhilker dem. Ihrer Einschätzung nach sind die kriminellen Akteure in der Lage, ihre Methoden anzupassen und selbst in europäischen Ländern mit unterschiedlichen Regelsystemen erfolgreich zu operieren. Trotz der bestehenden Regulierungen sei das Entdeckungsrisiko für Banken gering, argumentiert Brorhilker weiter. Der Kontrollverlust ermögliche den Akteuren, unbehelligt zu agieren und die Beweisführung für kriminelle Taten bleibe eine Herausforderung.