08. September, 2024

Wirtschaft

Steigendes Interesse an Indien: Mittelstand verlagert Lieferketten

Steigendes Interesse an Indien: Mittelstand verlagert Lieferketten

Der deutsche Mittelstand zeigt verstärktes Interesse an Indien, während der Standort USA im Wahljahr an Attraktivität verliert. Dies offenbart eine Sonderumfrage der DZ Bank unter mehr als 1000 Geschäftsführern und Entscheidern, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Laut der Umfrage möchten 15 Prozent der Unternehmen ihre Lieferketten in den nächsten fünf Jahren vermehrt nach Indien ausweiten – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu gut 10 Prozent bei einer vorherigen Erhebung im Herbst 2022. Die DZ Bank bezeichnet Indien als das „interessanteste außereuropäische Land für die Neuausrichtung der Lieferketten.“ Trotz Spannungen mit Taiwan gewinnt auch China wieder an Beliebtheit. Dieser Aufwärtstrend basiert auf der in der Zeit vom 5. März bis 2. April 2023 durchgeführten repräsentativen Umfrage.

Angesichts der Krisen der letzten Jahre – Corona, Ukraine-Krieg und Energiepreisanstieg – planen fast 40 Prozent der Mittelständler, ihre Lieferketten umzubauen. Besonders große Unternehmen mit einem Jahresumsatz ab 50 Millionen Euro setzen auf Indien. Nahezu jeder Vierte dieser Gruppe plant die Handelsbeziehungen dorthin auszubauen.

„Dass Indien und Südostasien an Bedeutung gewinnen, liegt vor allem daran, dass Firmen ihre Lieferketten angesichts zunehmender politischer Unsicherheiten diversifizieren wollen,“ erklärt DZ-Bank-Analyst Claus Niegsch.

In den USA scheint die Begeisterung hingegen abzunehmen. Niedrige Energiekosten und hohe Subventionen der US-Regierung lockten in den letzten Jahren zwar deutsche Firmen an, doch nur noch zwölf Prozent der Befragten wollen sich künftig stärker auf den US-Markt konzentrieren, ein Rückgang gegenüber 15 Prozent im Herbst 2022. Neun Prozent planen sogar einen Rückzug. Besonders die Chemieindustrie zeigt weniger Interesse, wahrscheinlich aufgrund normalisierter Energiepreise in Deutschland.

Die DZ Bank mutmaßt zudem, dass die Sorge um eine mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Präsidentenamt sowie höhere Zölle und eine europäische Gegenreaktion eine Rolle gespielt haben könnten. Niegsch betont: „Eine solche Entwicklung würde die USA als Teil der Lieferketten deutlich unattraktiver machen.“

Ferner sagten 17 Prozent der Befragten, dass China in den nächsten fünf Jahren wichtiger für ihr Geschäft werde. Trotz niedriger Produktionskosten und enger Verflechtung plant rund jeder zehnte Mittelständler, die Handelsbeziehungen zu China abzubauen.

Europäische Handelsregionen bleiben jedoch dominant. 21 Prozent der Firmen beabsichtigen, ihre Lieferketten in Westeuropa zu erweitern, während 24 Prozent auf Mittel- und Osteuropa setzen. Gleichzeitig plant gut jeder Zehnte, seine Lieferketten aus Europa zu verlagern. „Der Mittelstand wagt sich damit zunehmend wieder aus den sicheren Häfen heraus,“ so die DZ Bank.