Die Wall Street feierte den Sieg Donald Trumps im November mit einem kräftigen Anstieg der Aktienmärkte. Die Hoffnung auf eine wirtschaftsfreundliche Agenda und robustes Wachstum trieben die Kurse auf Rekordhöhen. Doch nach einigen Monaten hat sich die Stimmung gewandelt. Anleger stellen nun infrage, ob Trumps Politikvorschläge wie universelle Zölle, Steuersenkungen und Massendeportationen möglicherweise eine Inflationswelle auslösen könnten. Solche Entwicklungen würden Szenarien beschwören, die den Abrutsch von Aktien- und Anleihekursen wie im Jahr 2022 nach sich ziehen könnten.
Die jüngste Welle steigender Anleiherenditen, mit der 10-jährigen US-Staatsanleihe kurz vor der 5-Prozent-Marke, signalisiert ein solches Szenario. Diese Entwicklung könnte einerseits auf den Inflationserwartungen beruhen, andererseits aber auch auf möglichen Maßnahmen der Zentralbank, die Zinssätze angesichts staatlicher Maßnahmen hoch zu halten.
Am Mittwoch erreichte die Rendite dieser Anleihe 4,70 %, ein Niveau, das zuletzt Ende April zu beobachten war, und verzeichnete damit einen Anstieg um rund 50 Basispunkte seit Trumps Wahlsieg am 6. November. Der Anleihemarkt macht deutlich: Trumps geplante Politik könnte nicht nur Wachstum fördern, sondern auch Inflation anheizen und die Märkte komplizierter machen.
Üblicherweise deuten höhere Anleiherenditen auf eine starke Wirtschaft hin. Der jüngste Anstieg jedoch konzentriert sich auf das Risiko einer wiedererstarkenden Inflation und die Möglichkeit, dass die Zentralbank Zinsen wegen der Regierungspolitik weiterhin hochhalten muss.
Ed Yardeni merkte in einer aktuellen Einschätzung an, dass „die Bond Vigilantes nicht die narrative des Fed akzeptieren, wonach der Federal-Funds-Rate gesenkt werden müsse.“ Entscheidender sei die hartnäckige Inflation bei den Kernkomponenten des Verbraucherpreisindex und des persönlichen Konsumausgabenpreisindex - deutlich über der 2-Prozent-Marke. „Langfristige Renditen könnten weiter steigen, bis die Fed die Wirtschaftskraft anerkennt und den Zinserhöhungsstopp offiziell verkündet.“
Anleger blicken skeptisch auf die kommenden Entwicklungen: Sollte die Wirtschaft weiterhin wachsen oder gar an Tempo zulegen, könnte dies zu einer wiederauflebenden Inflation führen. Diese Situation würde den Aktienmarkt unter Druck setzen und Erinnerungen an inflationsreiche Phasen in der amerikanischen Geschichte, wie die 1970er- und frühen 1980er-Jahre, wecken. Die Bank of America bemerkte jüngst, dass der Druck auf die Zinsen ein größerer Gegenwind für Aktien werden könnte, als der Rückenwind, den eine starke Wirtschaft bietet.