Noch im Februar hatte OLB-Chef Stefan Barth auf öffentlichen Veranstaltungen erklärt, wie börsenbereit seine Bank sei. Marktumfeld, Kennzahlen, Ausblick – alles spreche für ein IPO.
Nun also das Gegenteil: Die Eigentümer verkaufen die Oldenburgische Landesbank an das französische Kreditinstitut Crédit Mutuel. Und das zu einem Preis, der in der Spitze bei rund zwei Milliarden Euro liegen soll.
Eine Entscheidung, die viele überraschte – aber aus Sicht der Eigentümer durchaus rational erscheint. Denn der französische Käufer bringt nicht nur Kapital, sondern auch strategisches Interesse mit. Und für die Deutsche Börse ist der geplatzte Börsengang ein empfindlicher Rückschlag.
Ein strategischer Rückzug mit System
Apollo, Grovepoint und der texanische Pensionsfonds TRS hatten sich die OLB 2017 geschnappt und seither konsequent auf Rendite und Wachstum getrimmt: kleinere Übernahmen, strukturelle Straffung, starke Ergebnisentwicklung. 2024 erzielte die OLB einen Vorsteuergewinn von 365 Millionen Euro – eine solide Grundlage für einen erfolgreichen Exit.
Doch statt eines Börsengangs samt Haltefristen und Marktvolatilität entschieden sich die Investoren nun für den direkten Verkauf. Der französische Käufer übernimmt das vollständige Paket – und kann langfristig planen. Aus Sicht der Verkäufer ein schneller, sauberer Ausstieg.
Expansion à la française
Für Crédit Mutuel ist die OLB-Übernahme mehr als nur ein Zukauf. Es ist ein strategischer Doppelschritt. Die Franzosen sind in Deutschland bislang mit der Targobank vertreten – einem Institut, das vor allem im Privatkundengeschäft und bei Konsumentenkrediten stark ist.

Die OLB wiederum bringt ein starkes Firmenkundengeschäft, spezialisierte Finanzierungskompetenz (Schifffahrt, M&A, Immobilien) und eine solide Bilanz mit. Gemeinsam kommen sie künftig auf rund 79 Milliarden Euro Bilanzsumme, fast fünf Millionen Kunden und knapp 9.000 Mitarbeitende.
Das neue Duo würde damit zu den zehn größten Privatbanken in Deutschland zählen – ein Signal, das in Paris mit Wohlwollen vernommen wird.
Für Crédit Mutuel ist es der größte Zukauf seit der Targobank-Übernahme 2008. Die Botschaft ist klar: Man will nicht mehr nur national erfolgreich sein, sondern auch in Deutschland eine relevante Rolle spielen.
Deutsche Börse schaut in die Röhre
Für den deutschen Kapitalmarkt ist der Deal hingegen ein Rückschlag. Die OLB galt – neben dem Pharmaunternehmen Stada – als einer der aussichtsreichsten IPO-Kandidaten des Jahres.
Beide Börsengänge sind nun vom Tisch. Stada hat wegen geopolitischer Risiken abgesagt, die OLB hat sich verkauft. Für die Deutsche Börse bedeutet das: zwei prominente Adressen weniger im ohnehin zähen IPO-Jahr 2025.
Stefan Barth bleibt Bankarchitekt
Für OLB-Chef Barth ist die Übernahme ein strategischer Erfolg. Der Ex-Risikovorstand der Bawag hatte bereits einen Börsengang gestemmt – und kennt die Sprache der Investoren.
Nun hat er bewiesen, dass er auch ein Institut so aufstellen kann, dass es für ausländische Käufer attraktiv ist. Die Fusion mit der Degussa Bank, die Integration mehrerer Regionalbanken, die starke Ertragslage – all das hat die OLB auf das Radar der Franzosen gebracht.
Ob Barth künftig an der Spitze des fusionierten Instituts stehen wird, ist noch offen. Doch sein Renommee als „Restrukturierer mit Weitblick“ dürfte mit diesem Deal weiter gewachsen sein.
Ein Kauf mit Risiken – aber auch mit Potenzial
Die OLB bringt Substanz mit – keine Frage. Doch sie bringt auch Herausforderungen. Die Bank steht seit Anfang 2025 unter direkter Aufsicht der EZB, was für einen regional verankerten Player ein Novum ist. Zudem ist unklar, wie sich das Zinsumfeld und die Konjunktur auf das Firmenkundengeschäft auswirken werden.
Auch die Targobank selbst kämpft mit steigender Risikovorsorge: Um 65 Prozent musste sie diese zuletzt aufstocken – ein Indikator für wachsende Kreditausfälle. Die Wirtschaftsflaute schlägt sich inzwischen spürbar in den Bilanzen der Banken nieder.
Und die Moral von der Geschicht?
Mit der OLB verliert der deutsche Markt ein eigenständiges Institut, das bereit für die Börse gewesen wäre – aber lieber verkauft wurde.
Der Deal zeigt, dass strategische Käufer aktuell oft die besseren Karten haben als der Kapitalmarkt. Und dass deutsche Banken, die auf Rendite und Spezialisierung setzen, bei ausländischen Investoren hoch im Kurs stehen.
Was bleibt: ein französischer Genossenschaftsriese mit Ambitionen. Ein deutscher Bankenmarkt, der erneut zum Zukauf einlädt. Und ein Kapitalmarkt, der sich fragen muss, warum er zu oft nur zweite Wahl bleibt.
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