Die britische Wirtschaft steht vor der beunruhigenden Bedrohung der "Stagflation", einer Kombination aus stagniertem Wachstum und anziehender Inflation. Diese Situation, die sowohl Ökonomen als auch Politiker in Schrecken versetzt, stellt das sogenannte "Worst-of-both-worlds"-Szenario dar. Hohe Zinsen zur Bekämpfung der Inflation belasten die Wirtschaft zusätzlich, warnt Suren Thiru vom Institute of Chartered Accountants in England and Wales (ICAEW).
Laut dem Office for National Statistics (ONS) stieg der Verbraucherpreisindex (CPI) im November um 2,6 Prozent, nach einem Anstieg von 2,3 Prozent im Oktober. Dies liegt leicht über dem 2-Prozent-Ziel der Bank of England, wobei erwartet wird, dass die Inflation aufgrund von Rekord-Steuermaßnahmen im Haushalt von Finanzministerin Rachel Reeves weiterhin steigen wird.
Rob Wood, Chefökonom von Pantheon Macroeconomics, prognostiziert einen Anstieg der CPI-Inflation auf 3,1 Prozent bis April. Gleichzeitig schrumpft das Wirtschaftswachstum, wobei das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den letzten beiden Monaten um jeweils 0,1 Prozent gesunken ist.
Andrew Wishart, leitender UK-Ökonom bei Berenberg, sieht ein wachsendes Risiko, dass Großbritannien in die Stagflationsfalle tappen könnte. In den 1970er Jahren erlebte das Land eine extreme Form dieser wirtschaftlichen Herausforderung mit hohen Inflationsraten und schrumpfender Wirtschaft. Die gegenwärtige Situation zeigt parallelen zu dieser Zeit, wie etwa den Energiepreisschock und das hohe Haushaltsdefizit.
Das Hauptproblem einer stagnierenden Wirtschaft ist, dass es schwer ist, aus dieser Situation herauszukommen, betont Thiru. In typischen Fällen von Inflation übersteigt die Nachfrage das Angebot der Wirtschaft. Um dies zu bekämpfen, erhöhen Zentralbanken die Zinsen. Stagflation hingegen entsteht durch sinkende Produktionsfähigkeiten trotz moderater Nachfrage, was die Preissteigerungen antreibt. Diese Situation stellt die Bank of England vor schwierige Herausforderungen bei der Bekämpfung der Inflation mit Zinserhöhungen.