Ein schrittweiser Abschied: Der Bund verkauft seine Anteile
Nach 16 Jahren ist es soweit: Der deutsche Staat beginnt, seine Beteiligung an der Commerzbank abzubauen. Inmitten der Finanzkrise hatte der Bund das strauchelnde Institut mit Milliarden an Steuergeldern vor dem Kollaps gerettet.
Jetzt, wo die Commerzbank wieder stabil auf eigenen Beinen steht, sollen die Anteile sukzessive veräußert werden. Doch die Frage bleibt: Was bedeutet das für den Steuerzahler? Und ist dieser Schritt wirklich ein Erfolg für den Staat?
Ein teurer Rettungsversuch: Die Hintergründe
Um die Dimensionen des Verkaufs zu verstehen, lohnt ein Blick zurück ins Jahr 2008. Die globale Finanzkrise hatte die Bankenwelt erschüttert, und auch die Commerzbank geriet in massive Turbulenzen, nicht zuletzt durch die Übernahme der kriselnden Dresdner Bank.
In dieser Situation sprang der Staat ein und unterstützte die Bank mit Kapitalhilfen in Höhe von 18,2 Milliarden Euro, um sie vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Im Gegenzug erhielt der Bund eine Beteiligung, die ihm zur größten Aktionärin der Bank machte.
Seitdem hat sich viel getan. Die Commerzbank hat rund 13,15 Milliarden Euro der erhaltenen Unterstützung zurückgezahlt und sich durch umfangreiche Restrukturierungen wieder stabilisiert.
Die Schließung von Filialen, der Abbau von Tausenden Stellen und eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells haben dazu beigetragen, dass die Bank im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn von 2,2 Milliarden Euro erzielen konnte. Vorstandschef Manfred Knof hat ambitionierte Pläne: Bis 2027 soll der Nettogewinn auf 3,4 Milliarden Euro steigen.
Verluste für den Steuerzahler: Die bittere Realität
Trotz der positiven Entwicklung bleibt die Beteiligung des Staates an der Commerzbank ein Verlustgeschäft. Auf Basis des aktuellen Aktienkurses ist das verbliebene Aktienpaket des Bundes etwa 2,5 Milliarden Euro wert – weit entfernt von den 5 Milliarden Euro, die der Staat ursprünglich investiert hat.
Um einen Gewinn zu erzielen, müsste der Aktienkurs auf knapp 26 Euro steigen, doch derzeit notiert die Aktie bei etwa 13 Euro. Das bedeutet: Für den Steuerzahler dürfte am Ende ein Minus bleiben.
Diese Entwicklung unterscheidet sich deutlich von der Rettungsaktion der Lufthansa während der Corona-Pandemie, bei der der Staat nach dem Verkauf seiner Beteiligung einen Gewinn von über 700 Millionen Euro verbuchen konnte. Im Fall der Commerzbank zeigt sich, dass nicht jede staatliche Intervention am Ende positive finanzielle Ergebnisse bringt.
Was passiert mit dem Erlös?
Der Verkaufserlös aus den Commerzbank-Anteilen fließt zurück in den Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS), über den der Staat während der Finanzkrise auch andere Institute unterstützt hat.
Der Fonds weist jedoch weiterhin einen Fehlbetrag von rund 21,6 Milliarden Euro aus, sodass die Einnahmen aus dem Verkauf der Commerzbank-Anteile nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind.
Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, betont dennoch, dass der Verkauf der Anteile ein logischer Schritt sei.
„Die Commerzbank ist wieder ein stabiles und ertragsstarkes Institut“, sagt er. „Daher ist es geboten, dass sich der Bund von den Anteilen des erfolgreich stabilisierten Instituts sukzessive wieder trennt.“
Spekulationen über neue Investoren: Wer steigt ein?
Mit dem Rückzug des Staates kommen sofort Spekulationen über neue Investoren auf. Wird die Commerzbank zum Ziel für Großanleger oder gar Übernahmekandidaten? Bereits in der Vergangenheit gab es wiederholt Gerüchte über eine Übernahme, sei es durch ausländische Banken wie die italienische Unicredit oder durch die Deutsche Bank.
Doch Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing erteilte solchen Ambitionen eine Absage und betonte, dass eine Übernahme der Commerzbank „kein Thema“ sei.
Finanzchefin Bettina Orlopp von der Commerzbank sieht die Entwicklung gelassen.
„Wenn Interessenten für einen Einstieg bei dem Geldhaus anklopften, werde man das prüfen“, sagt sie.
Die oberste Priorität liege jedoch darin, die Bank eigenständig nach vorne zu bringen.
Ein Neuanfang oder ein Abstieg?
Die Entscheidung des Bundes, sich von der Commerzbank zu trennen, markiert das Ende eines langen Kapitels staatlicher Intervention in der Finanzbranche. Doch der Verkauf der Anteile hinterlässt auch gemischte Gefühle.
Während die Commerzbank die Krise gemeistert hat und wieder auf Wachstumskurs ist, bleibt die finanzielle Bilanz des Staates negativ. Es ist eine Erinnerung daran, dass staatliche Rettungsaktionen immer auch Risiken bergen und nicht immer den gewünschten finanziellen Erfolg bringen.
Für die Commerzbank könnte der Rückzug des Staates ein Signal der Stabilität sein, das neue Investoren anzieht. Gleichzeitig bleibt die Frage offen, ob die Bank ohne die staatliche Unterstützung in den kommenden Jahren weiter wachsen kann.